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European Trade Union Committee for Education (ETUCE)

Corona-Pandemie darf nicht zur Krise des Bildungssystems werden

Das Europäische Gewerkschaftskomitee für Bildung und Wissenschaft (ETUCE) macht in einer Stellungnahme die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die öffentlichen Bildungssysteme, Gesellschaften und Volkswirtschaften deutlich.

Foto: Pixabay / CC0

Die europäischen Bildungsgewerkschaften fordern eine intensive Debatte über Lehren aus der Corona-Krise sowie politische und wirtschaftliche Maßnahmen, um die Folgen für das Bildungswesen und die gesamte Gesellschaft zu mildern. Der Bildungsbereich sei heute stärker denn je mit den Konsequenzen jahrzehntelanger Kürzungen und Sparmaßnahmen konfrontiert, heißt es in einer jüngst veröffentlichten Stellungnahme des Europäischen Gewerkschaftskomitees für Bildung und Wissenschaft (ETUCE). Bildungseinrichtungen müssten vor dem Hintergrund des Personalmangels mit den Belastungen der aktuellen Krise fertigwerden. 

Interaktion für gute Bildung unerlässlich

Die wichtige soziale Rolle der Bildungssysteme und ihrer Beschäftigten sei jetzt für alle offensichtlich. Die Versuche, auf Onlineunterricht umzustellen, zeigten Familien, wie qualifiziert Bildungsfachleute seien, und dass Interaktion zwischen Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern für gute Bildung unerlässlich sei. Dies gelte insbesondere für Lernende mit Förderbedarf oder Kinder aus benachteiligten Familien. In vielen Ländern seien die Schulen noch immer offen, um eine Grundversorgung und -betreuung anzubieten, was das pädagogische Personal der Ansteckungsgefahr aussetze.

„Diese Gesundheitskrise darf nicht zu einer Krise für qualitativ hochwertige Bildung, soziale Gerechtigkeit oder das Wohlbefinden der Lehrkräfte werden.“ (Christine Blower)

ETUCE-Präsidentin Christine Blower betonte daher, dass „ETUCE und seine Mitgliedsorganisationen einen verstärkten Schutz der Rechte, Verträge und Vergütungen von Bildungsarbeiterinnen und -arbeitern fordern. Wir verlangen auch dringend öffentlich finanzierte Unterstützung für das Bildungspersonal, das mit neuen Methoden zurechtkommt und gefährdete Schülerinnen und Schüler verteidigt. Diese Gesundheitskrise darf nicht zu einer Krise für qualitativ hochwertige Bildung, soziale Gerechtigkeit oder das Wohlbefinden der Lehrkräfte werden.“

Mit Blick auf die Zukunft forderten die Bildungsgewerkschaften auch einen Paradigmenwechsel in den wirtschaftlichen und politischen Prioritäten Europas. „Die Antworten, die wir heute wählen, werden die Welt bestimmen, in der wir morgen leben werden. Sie dürfen nicht die Tür für eine weitere Privatisierung und Kommerzialisierung unserer Bildungssysteme öffnen. Sparmaßnahmen und neoliberale Bildungspolitik haben in den vergangenen zehn Jahren großen Schaden angerichtet, die Gleichheit in der Bildung untergraben und viele Lehrerinnen und Lehrer aus dem Beruf gedrängt.“ 

Strukturelle Neuorientierung

Der ETUCE-Vorstand, dem auch der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller als einer von sechs Vizepräsidenten und -präsidentinnen angehört, hatte bereits zuvor eine fünf Seiten lange Stellungnahme verabschiedet. Darin werden Regierungen, Bildungsbehörden, Arbeitgeber und Entscheidungsträger im Bildungswesen aufgefordert, die folgenden Aufgaben anzugehen:  

  • Das Bildungspersonal ist der Schlüssel zur Bewältigung dieser Krise. Der soziale Dialog und der Schutz ihrer Rechte sind mehr denn je unerlässlich.  
  • Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungswesen passen sich an, um Millionen Schülerinnen und Schülern aus der Ferne weiter eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu bieten. Ihr Dienst ist für das Gemeinwohl von entscheidender Bedeutung, und sie müssen die Unterstützung erhalten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.
  • Unsere Gesellschaften stehen vor der Krise einer Generation. Jetzt müssen Solidarität, Menschenrechte, Würde, Respekt, Integration und Demokratie mehr denn je als unsere Finanzierungsgrundsätze aufrechterhalten werden.  
  • Die europäischen Gesellschaften waren vor dem Hintergrund von Spar-, Markt- und gewinnorientierter Politik in den vergangenen zehn Jahren nicht bereit, sich dieser Krise zu stellen. Nun ist es an der Zeit, die Lehren daraus zu ziehen und eine strukturelle Neuorientierung zu fordern – strukturelle Veränderungen für eine Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet. 

Das europäische Bildungsinformationsnetzwerk Eurydice veröffentlichte unterdessen eine Übersicht inklusive Landkarte, aus der hervorgeht, wie europäische Länder von coronabedingten Schulschließungen betroffen sind.