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GEW kritisiert KMK-Beschluss

Schulen nicht überstürzt öffnen!

Die Schulen dürfen nicht um jeden Preis wieder aufmachen, mahnt die GEW. Sie kritisiert, dass die Kultusministerkonferenz kein schlüssiges Konzept zum Gesundheitsschutz vorgelegt habe. Das föderale Allerlei bleibe.

Die Kultusminister der Länder sprechen sich bei weiter sinkenden Corona-Zahlen dafür aus, dass die Schulen in Deutschland ab dem 15. Februar schrittweise wieder aufmachen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert diesen Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) scharf. Bis heute habe die KMK kein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie Gesundheitsschutz für alle an Schule Beteiligten und das Recht der Schülerinnen und Schüler unter einen Hut zu bringen sind. Zudem bleibe dem „föderalen Allerlei“ Tür und Tor geöffnet.

„Die KMK kennt nur ein Ziel: Die Schulen so schnell wie möglich zu öffnen – egal wie und zu welchem Preis. Das ist verantwortungslos.“ (Marlis Tepe)

„Die KMK kennt nur ein Ziel: Die Schulen so schnell wie möglich zu öffnen – egal wie und zu welchem Preis. Das ist verantwortungslos. Gegenüber den Lehrkräften, den Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Ja, die Inzidenzzahlen sinken. Diesen Erfolg, für den sich die meisten Menschen in unserer Gesellschaft stark eingeschränkt haben, sollten wir jetzt aber nicht leichtfertig durch ein überstürztes Öffnen der Schulen wieder gefährden. Zudem kann im Moment niemand seriös einschätzen, welche Gefahren von den Mutationen des Corona-Virus‘ ausgehen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Tags zuvor hatte auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ein Konzept vorgelegt. Dessen größte Schwäche sei, so Tepe, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an Inzidenzwerte gekoppelt seien.

Eine klare Strategie und ein verlässlicher Stufenplan

Die GEW-Vorsitzende mahnte, dass die Schulen jetzt endlich eine klare Strategie und einen bundesweit einheitlichen, verlässlichen Stufenplan brauchten. Dieser müsse vorgeben, bei welchen Inzidenzwerten welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Auf dieser Grundlage hätten die Länder dann mit Blick auf das Infektionsgeschehen vor Ort die Möglichkeit, flexibel zu agieren. „Die GEW schlägt vor, ab einem Inzidenzwert von über 50 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen in einer Woche in einer Kommune auf Wechselunterricht, ab über 100 auf Fernunterricht umzustellen. Liegt der Inzidenzwert unter 50 Neuinfektionen sollen sich die Schulen auf Grundlage der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) wieder auf die Öffnung vorbereiten“, sagte Tepe weiter.

Die Öffentlichkeit habe die Hoffnung verloren, dass die Konsensfindung beim Gipfel von Kanzlerin und Ministerpräsidenten lange halte. „Wenn die Länder dann wieder nach Gusto und beflügelt von der eigenen Bildungshoheit entscheiden, sollten sie mindestens bedenken, dass Schulöffnungen Vorlaufzeit brauchen. Entscheidungen am Freitag, die am Montag vor Ort umgesetzt werden sollen, sind zum Scheitern verurteilt“, betonte Tepe.

„Zudem muss eine verlässliche, realitätstaugliche Teststrategie entwickelt werden. Dazu gehört, dafür zu sorgen, dass einfache Gurgeltest flächendeckend einsetzbar sind.“ Mit diesem Weg gewinne die Politik Vertrauen und Akzeptanz der Menschen für Beschlüsse zur schrittweisen Öffnung der Schulen.

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

GEW plädiert für Wechselunterricht

Tepe warb noch einmal eindringlich für den Wechselunterricht. Dieses Modell ermögliche, Gesundheitsschutz und Recht auf Bildung miteinander zu verbinden. Mit dem Wechselunterricht könnten die Schulen auf unterschiedliche Herausforderungen entsprechend der personellen und räumlichen Situation vor Ort Lösungen anbieten. Entscheidend sei, dass feste Gruppen gebildet werden, die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Klassen halbiert und der Schulweg mit Abstand gesichert wird. So könne das Infektionsrisiko für Lehrkräfte, Lernende und deren Familien gesenkt werden. Gleichzeitig könnten die Lehrerinnen und Lehrer regelmäßig Kontakt zu allen Schülerinnen und Schülern halten.

„Damit ist der Wechselunterricht ein sehr wichtiges Instrument, weitere Benachteiligungen insbesondere von Kindern und Jugendlichen zu verhindern, die im Elternhaus nicht die Unterstützung bekommen können, die notwendig ist“, unterstrich die GEW-Vorsitzende. Der Wechselunterricht dürfe allerdings nicht dazu führen, dass „Lehrkräfte morgens im Präsenz- und nachmittags im Fernunterricht arbeiten. Das ist nicht zu stemmen. Die Lehrkräfte, aber auch die Eltern, die bei der Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder während des Wechselunterrichts stark unter Druck stehen, müssen entlastet werden“.

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.