Fotos: F-SYNTER
Wie kam es dazu?
Blaise Compaoré klammerte sich seit 27 Jahren an die Macht ( u.a. durch zwei Verfassungsänderungen) und wollte durch eine erneute Änderung eines Verfassungsartikels seine Wiederwahl für weitere 15 Jahre sichern, obwohl in den letzten Tagen Millionen von Menschen auf die Straße gingen und dagegen protestierten.
Sechzig Prozent der 17 Millionen Einwohner Burkinas sind jünger als 25 Jahre, kennen also nur diesen Präsidenten Compaoré, der sein Land herunter gewirtschaftet und der Jugend keine Perspektive geboten hat. Korruption, Arroganz der Macht und Ignoranz für die Bedürfnisse des Volkes dieser Regierung ließen den Zorn vor allem der Jugend überkochen.
Ein Volk verjagt seinen Präsidenten
Meist junge Demonstranten zündeten das Gebäude der Nationalversammlung an, weshalb dort nicht wie vorgesehen über die Verfassungsänderung abgestimmt werden konnte. Es herrschen chaotische Zustände in allen großen Städten des Landes: die Demonstranten demolieren viele Gebäude der Regierung und des Compaoré-Clans, versuchen den Präsidentenpalast zu stürmen und fordern immer wieder Compaorés Rücktritt.
Ouagadougou versinkt im schwarzen Rauch von Bränden. Trotzdem hält Compaoré noch einige Tage an seinem Amt fest, erklärt dann aber den Rücktritt und verlässt Burkina Faso mit einem Konvoi von 27 schwer bewaffneten Fahrzeugen fluchtartig Richtung Süden.
Das Militär hat die Macht übernommen
Das Militär hat nun die Macht an sich gerissen und sorgt mit Brutalität für „Ordnung“ im Land. Auf Demonstranten wird scharf geschossen. Es wird von dreißig Toten und zahlreichen Verletzten berichtet. Die Armee hat sich darauf geeinigt, dass Yacouba Zida, Vizechef des Präsidentenregiments, Präsident der Übergangsregierung sein soll. Damit ist die Bevölkerung nicht einverstanden. Die Menschen gehen weiter auf die Straße und fordern die Übergabe der Macht und eine zivile Übergangsregierung.
Lage noch unentschieden
Die politische Opposition, die Gewerkschaften und andere zivile Organisationen in Burkina Faso üben gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft Druck aufs Militär aus, eine zivile Übergangsregierung gemäß der Verfassung zu ermöglichen. Der burkinische Gewerkschaftsbund CGT-B, dem auch die Bildungsgewerkschaft F-SYNTER angehört, mit der die GEW eng kooperiert, warnt in einer offiziellen Erklärung vom 2. November vor der Gefahr einer Militärdiktatur:
„ Die Verhinderung der Verfassungsänderung und der Rücktritt des Präsidenten Blaise Compaoré bedeuten nur einen Teilsieg, den einige Dutzend Demonstranten mit ihrem Leben bezahlt haben. Der CGT-B fordert alle, die sich für diesen notwendigen und heldenhaften Kampf des Volkes engagiert haben, und die gesamte Arbeiterschaft auf, weiterhin mobilisiert und wachsam zu sein für den Kampf um den Erhalt und die Erweiterung gesellschaftlicher Freiheiten und gegen die Errichtung einer Militärdiktatur.“
Breites Bündnis der Zivilgesellschaft
Die CCVC, eine machtvolle Koalition aus Gewerkschaften wie F-SYNTER und zivilen Gruppen, hatte am 29. Oktober sehr viele Menschen gegen die geplante Änderung der Verfassung, aber auch für ein öffentliches und demokratisches Bildungssystem, auf die Straßen gebracht. In einer Erklärung vom 2. November verurteilt CCVC die Machtübernahme durch das Militär:
„Die gegenwärtige Lage bedeutet ganz klar einen Militärputsch der Armee, die wieder einmal die Früchte des heldenhaften Kampfes unseres Volkes an sich reißen will. Die Armee öffnet den Weg für antidemokratische Fehlentwicklungen, wie es die Geschichte unseres Landes seit 1966 gelehrt hat. 1966 hatte die Armee die erste Erhebung unseres Volkes für sich benutzt, um sich in der Politik breit zu machen. Seit damals war das Militär nicht bereit, die Macht dem Volk zurückzugeben und setzte sich mit Tricks und bloßer Militärgewalt durch. … CCVC verurteilt aufs Schärfste den gegenwärtigen Militärputsch und wehrt sich gegen die Versuche der Armee, abermals den Kampf unseres Volkes für Freiheit und Demokratie für sich selbst zu vereinnahmen.“
Burkina Faso – Vorbild und Hoffnung
Das erste Mal seit der Entkolonialisierung hat es ein afrikanisches Volk geschafft, seinen diktatorischen Präsidenten zu verjagen. In mindestens fünf anderen afrikanischen Ländern schauen die Menschen hoffnungsvoll auf die Entwicklung in Burkina Faso, weil auch sie Diktatoren an der Regierung haben, die durch Verfassungsänderungen ihre Macht zementieren wollen. Und zahlreiche afrikanische Regierungschefs müssen sich sorgenvoll klar machen, dass der Wille des Volkes auch sie verjagen könnte.