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Burkina Faso

Proteste gegen Bildungsreformen

Die Bildungsgewerkschaft F-SYNTER mobilisiert zusammen mit Schüler- und Studentenorganisationen gegen die jüngsten Bildungsreformen der Regierung. Sie befürchtet, dass Privatisierung und sozialer Ausschluss im Bildungssystem zunehmen.

Die Bildungsgewerkschaft F-SYNTER kritisiert, dass im westafrikanischen Staat Burkina Faso mit den Bildungsreformen der Regierung die Abschlussprüfungen verschärft und den Schülerinnen und Schülern Wahlmöglichkeiten bei den Prüfungsthemen genommen werden sollen. Bereits jetzt liegt die Durchfallquote bei Prüfungen nach Angaben der Gewerkschaft seit Jahren zwischen 60 und 70 Prozent.

Chance auf höhere Bildung schwindet

Auch wird der Zugang zu den Hochschulen erschwert, indem sich Studierende dort zukünftig nicht mehr direkt bewerben können. Die Prüfung soll verwaltungstechnisch nicht mehr universitären Gremien, sondern nur noch dem Bildungsministerium MENAPLN unterstehen. Das bedeutet, dass erfolgreiche Abiturientinnen und Abiturienten sich nicht mehr direkt an einer öffentlichen Universität einschreiben können, sondern vorher Zusatzprüfungen ablegen müssen. Durch den erschwerten Zugang zu öffentlichen Hochschulen könnten die privaten Universitäten mehr Zulauf erhalten, allerdings nur von Kindern aus gut situierten Familien.

F-SYNTER befürchtet, dass die gesellschaftliche Spaltung zunehmen und einem großen Teil der Jugendlichen Burkina Fasos die Chance auf höhere Bildung genommen werden könnte.

„Barbarische Unterdrückung“

In vielen Städten Burkina Fasos hatten die Schüler- und Studierendenorganisationen seit Mai zu Demonstration gegen die Bildungsreformen der Regierung aufgerufen. In der Hauptstadt Ouagadougou wollten sie dem Bildungsminister Ouaro ihre Position in einem Schreiben überreichen. Statt die Schülerinnen und Schüler zu empfangen, ließ er sie durch die Polizei mit Tränengas vertreiben und bis auf ihr Schulgelände verfolgen. Das Ergebnis des brutalen Vorgehens der Polizei ist eine tote Schülerin, viele Verletzte und Verhaftete, darunter auch Lehrkräfte, die die Übergriffe filmen wollten.

F-SYNTER zeigte sich angesichts der zunehmenden Härte, mit denen die Regierung gegen Demonstrierende vorgeht, besorgt. Die Bildungsgewerkschaft verurteilte die „barbarische Unterdrückung“ der Proteste und fordert, dass die Verantwortlichen für die Gewalt zur Rechenschaft gezogen werden. Weil die Schulen am 24. Mai vorzeitig geschlossen wurden, sind die Proteste derzeit ausgesetzt. Die Bildungsreform wird Thema bleiben, weil sie erstmals im Bereich des Abiturs im kommenden Schuljahr angewendet werden soll.

Über 100 Kinder in einer Klasse

Die anhaltenden Proteste in Burkina Faso gegen die Bildungsreformen sind auch dadurch zu erklären, dass sie auf eine bereits desolate Situation im Bildungssystem treffen. F-SYNTER und die Organisationen der Schülerschaft und der Studierenden fürchten weitere Verschlechterungen im Bildungssystem.

Die Mängel an Infrastruktur, Ausrüstung und Personal sind enorm, Klassengrößen von über 100 Schülerinnen und Schülern nicht unüblich. Die Schulgeldfreiheit für die 6- bis 16-jährigen Kinder und Jugendlichen wurde nicht wie angekündigt eingeführt und Kinder wurden gegen ihren Wunsch aus öffentlichen in private Schulen versetzt, was ein unerschwingliches Schulgeld für die mittellosen Eltern bedeutete.

Darüber hinaus erschweren die allgemein schlechten Lebensbedingungen von Kindern und ihren Familien, die geringe Bezahlung für Lehrkräfte und vor allem die schwierige Sicherheitslage in Burkina Faso die gesellschaftliche Situation.

Soziale Errungenschaften in Gefahr

F-SYNTER befindet sich immer wieder im Konflikt mit der Regierung, weil diese sich nicht an die mit den Gewerkschaften getroffenen Vereinbarungen gebunden fühlt. So konnten nach dem gewaltigen Aufstand der Bevölkerung 2014, der Präsident Blaise Compaoré aus dem Amt verjagte, der 2015 folgenden Niederschlagung des Militärputsches und nach erfolgreichen Arbeitskämpfen der Gewerkschaften zunächst viele demokratischen Rechte und soziale Errungenschaften durchgesetzt werden.

Durch den Druck aus der Bevölkerung war die neue Regierung gezwungen, den Forderungskatalog der CNSE (Koalition von 15 bildungspolitischen Gewerkschaften) für grundsätzliche bildungspolitische Verbesserungen im Bereich Vor- und Grundschule sowie weiterführender Schulen zu unterzeichnen.

Diese sieht F-SNTER durch die Regierung Roch Marc Kaboré zunehmend gefährdet – ein weiterer Grund, warum F-SYNTER die aktuellen Proteste für ein qualitativ gutes öffentliches Bildungssystem unterstützt.