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Christoph Heise erhält Auszeichnung

Bundesverdienstkreuz für deutsch-polnische Gewerkschaftsarbeit

Christoph Heise, ehemals internationaler Sekretär der GEW, wurde für sein Engagement zur grenzübergreifenden Verständigung geehrt. Das Austauschprogramm der GEW für Lehrkräfte aus Polen und Deutschland hat er vor 30 Jahren ins Leben gerufen.

Christoph Heise, ehemals internationaler Sekretär der GEW, wurd
Christoph Heise und seine Frau Anna Magdalena Wankiewicz-Heise wurden für ihr Engagement zur grenzübergreifenden Verständigung mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt (Foto: Nikolai Schmidt).

Das Bundesverdienstkreuz am Bande hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer dem langjährigen GEW-Referenten Christoph Heise und seiner Frau Anna Magdalena Wankiewicz-Heise für ihren Einsatz in der deutsch-polnischen Gewerkschaftsarbeit Anfang Juli in der sächsischen Staatskanzlei überreicht. Das Paar hat Kontakte und Begegnungen zwischen deutschen und polnischen Lehrkräften über mehrere Jahrzehnte auf- und ausgebaut. Die beiden leben seit 2017 in Görlitz.

„Wir wollten nach der historischen Wende in Polen erfahren, was dort los war.“ (Christoph Heise)

Christoph Heise, bis 2007 für die internationalen Beziehungen der GEW verantwortlich, freut sich, dass durch den Orden „die deutsch-polnischen Beziehungen wieder ins Licht gerückt“ werden, denn viele Deutsche wüssten zu wenig über Polen. „Wir wollten nach der historischen Wende in Polen von den in der Solidarność organisierten Kolleginnen und Kollegen erfahren, was dort los war“, erzählt der promovierte Osteuropa-Historiker. „Beim ersten Besuch in Krakau 1989 entdeckten wir dann, wie wenig wir selbst über die Festnahme von 183 Hochschullehrern 50 Jahre zuvor in den ersten Tagen der deutschen Besetzung in Krakau und ihre Verschleppung nach Dachau und Sachsenhausen wussten“.

Sprachunterricht in der „Masuren-Akademie“

Um die Aufarbeitung der deutsch-polnischen Vergangenheit ging es in den ersten Jahren der Zusammenarbeit. Seit 1991 luden die Bildungsgewerkschaften an jedem 1. September zu einer Konferenz am Antikriegstag ein. „Dabei stellten wir fest, dass wir für die Verständigung Zugang zur anderen Sprache brauchten“, erinnert sich Heise. Deshalb wurde 1995 die „Masuren-Akademie“ als jeweils 14-tägiges Sommercamp deutscher und polnischer Lehrkräfte ins Leben gerufen, die sich gegenseitig in ihre Sprachen einführten und darin dann auch über Alltagsinteressen, Literatur und Kultur sprachen. „Damals haben oft Menschen mit deutsch-polnischer Familiengeschichte teilgenommen“, berichtet Christoph Heise, der selbst aus Köslin in Pommern stammt. „Heute geht es eher um Austausch über Unterricht und Schule.“ Entstanden sind daraus nicht nur Freundschaften und kollegiale Kontakte, sondern auch Schulpartnerschaften und Austauschprogramme für Schülerinnen und Schüler.

„Das war immer mehr als Arbeit, da steckte Herzblut drin.“ (Christoph Heise)

Christoph Heise hat die gewerkschaftliche Zusammenarbeit gemeinsam mit seiner Frau Anna Magdalena organisiert, damals Schulleiterin in Breslau und Gewerkschafterin bei der Solidarność. Für beide sind die deutsch-polnischen Begegnungen zur Lebensaufgabe geworden, die weit über das berufliche Engagement hinausging. „Das war immer mehr als Arbeit, da steckte Herzblut drin“, sagt der 77-Jährige, der die GEW bis zur Pensionierung 2007 auch auf europäischer Ebene vertreten hat – von  1999  bis  2006 wurde  er  zum  Vizepräsidenten der Paneuropäischen Konferenz der Bildungsinternationale (BI) gewählt. Anna Wankiewicz-Heise führte die Arbeit bis 2014 fort. Heute ist die Lehrergewerkschaft ZNP Partnerin der GEW auf polnischer Seite. „Die Polarisierung in Polen hat zum Lagerdenken geführt“, bedauert der Gewerkschafter mit Blick auf den Ausgang der Wahlen in Polen. „Offenes politisches Diskutieren ist kaum mehr möglich. Doch das Konzept, Lehrende beider Länder zusammenzubringen, bleibt. “

„Eurer persönlicher Einsatz hat die Grundlage für eine große internationale Anerkennung der GEW gelegt.“ (Marlis Tepe)

„Besonders bewegend“ findet die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe die Seminare über Erziehung nach Auschwitz mit israelischen, polnischen und deutschen Bildungsgewerkschaften, die seit 2008 regelmäßig zum Holocaust-Gedenktag in Krakau stattfinden. „Die Anregung dafür kam von Christoph Heise“, sagt Tepe. Sie dankte den Heises für ihr Engagement in einem Glückwunsch-Schreiben zur Auszeichnung im Juli: „Eurer persönlicher Einsatz hat die Grundlage für eine große internationale Anerkennung der GEW gelegt und zur Verständigung der Gewerkschaften maßgeblich beigetragen“, so Tepe. „Die Zusammenarbeit mit der polnischen Gewerkschaftsbewegung und der israelischen war von herausragender Wichtigkeit. Mir liegt es am Herzen, dass wir die Arbeit fortsetzen.“