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Bundestagung "Akademisierung der beruflichen Bildung" ein voller Erfolg

Mehr als 150 Personen haben an der Bundestagung "Akademisierung der berufliche Bildung" teilgenommen. Die Tagung zeigte vor allem Perspektiven der besseren Verzahnung zwischen den Bildungsbereichen auf.

Mehr als 150 Personen - überwiegend aus dem Bereich der Berufsbildung von GEW und DGB, aberauch aus dem Hochschulbereich sowie von Arbeitgeberverbänden, der KMK und dem BMBF – habendie GEW-Bundestagung besucht. In der von dem Bildungsfachmann Bent Paulsen moderierten Tagung greift die GEW das Verhältnis zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung auf und zeig Perspektiven einer besseren Verzahnung zwischen den Bildungsbereichen anstelle einer Konkurrenz auf.

In ihrem Eröffnungsvortrag „Akademisierung der Berufswelt“ zeigt Dr. Sirikit Krone (Institut für Arbeit und Qualifikation Duisburg) Trends zu höheren allgemeinbildenden Schulabschlüssen und Befundeder integrierten Ausbildungsberichterstattung auf und deutet die von der deutschen Bildungspolitik forcierte Akademisierung als Folge des Einflusses der europäischen Bildungspolitik der Erklärungen von Bologna (1999) und Kopenhagen (2002) zur Entwicklung eines europäischen Bildungsraums.Dabei stellt sie die Frage der Sinnhaftigkeit eines Vergleichs der deutschen und der europäischen Berufsbildungssituation vor dem Hintergrund der variierenden Jugendarbeitslosigkeit in den Staaten der Europäischen Union. Das Berufsbildungssystem in Deutschland bilde auf hohem Niveau aus, das berufliche Ausbildungssystem müsse sich entsprechend den Anforderungen der qualifizierten Facharbeit weiterentwickeln. Nicht die pauschale Akademisierung der Ausbildungsberufe, sonderndie Verknüpfung der Bildungswege des Berufsbildungs- und des Hochschulsystems sei die Lösung,wobei mehr Durchlässigkeit zwischen den Bildungssektoren in beide Richtungen entstehen müsse,was sie anhand des dualen Studiums näher betrachtet. Hier seien eine Dualität auf tertiärem Niveau und ein Transfer der Erfolgsfaktoren der dualen Berufsausbildung erkennbar; insgesamt spricht Dr.Krone vor dem europäischen Hintergrund den Teilnehmer/innen mehr Mut zum ´deutschen Weg` zu.Der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, Professor Friedrich Hubert Esser, stellt in seinem anschließenden Vortrag zum Thema „Gleichwertigkeit/Durchlässigkeit“ zunächst die positiven Entwicklungen der Bildungsbeteiligungen zwischen 2005 und 2013 dar, um dann der Frage nachzugehen, was man in der Konkurrenz der Systeme der Berufs- und der Hochschulbildung angesichts der zunehmenden „Passungsprobleme“, dem Sinken der betrieblichen Ausbildungsbereitschaft sowie einer Vertragslösungsquote von 25% falsch mache und zeigt einen entsprechenden Bedarf an Weiterentwicklung auf. Er greift die Empfehlungen des Wissenschaftsrats auf und fordert eine Weiterentwicklung des Deutschen Qualifikationsrahmens – allerdings ohne das sogenannte Y-Modell, bei dem Abschlüsse der allgemein- und der beruflichen Bildung getrennt aufgeführt werden -, eine Berufsorientierung in allen allgemeinbildenden Schulformen - explizit aucham Gymnasium -, die Entwicklung von Berufslaufbahnkonzepten und intersystemische Diskurse zwischen der Berufs- und der Hochschulbildung. In einer moderierten Diskussion unter Einbeziehung der Tagungsteilnehmer/innen werden noch einmal einzelne referierte Inhalte nähergehend betrachtet.

In sechs von den Bundesfachgruppen Kaufmännische und Gewerbliche Schulen der GEW organisierten Foren werden anschließend Teilprobleme des Verhältnisses von beruflicher und hochschulischer Bildung analysiert und mit den Teilnehmer/innen diskutiert:

 

ForumReferentenModeration
Der Hunger nach Aufstieg – Chancengleichheit ohne Standesdünkel - Elf gewerkschaftliche Thesen zum öffentlichen Diskurs über Akademisierung und berufliche Bildung.

Antonia Kühn (DGB NRW)

Dr. Sirikit Krone (IAQ)

Klemens Lüchtefeld, GEW-NRW
Duales Studium und Rolle der berufsbildenden Schulen

Barbara Hemkes (BIBB)

Ansgar Klinger (GEW-Hauptvorstand)

Sonja Staack (GEW-Hauptvorstand)

Martin Neumann, GEW Hamburg
Attraktivität der dualen Berufsausbildung stärkenMatthias Anbuhl (DGB-Bundesvorstand)Ralf Hähnel, GEW Sachsen
Akademisierung in der Berufsbildung und schwächere Jugendliche

Dr. Regina Dionisius (BIBB)

Horst Linke (GEWHamburg)

Klaus Graus, GEW Saarland
Erzieher/-innenausbildung an der Fachschule oder Hochschule?Norbert Hocke (GEW-Hauptvorstand)Britta Delique, GEW Niedersachsen
Weiterbildungsberufe nach Berufsbildungsgesetz und Weiterbildung an Fachschulen als Alternative zum  HochschulstudiumThomas Ressel (IG Metall-Vorstands-verwaltung) Wolfgang Hill (Bundesarbeitskreis der Fachschulen)Wolfgang Butterbach, GEW Rheinland-Pfalz

 

Am zweiten Tag präsentieren Berichterstatter/innen zunächst die Ergebnisse der Forenarbeit desVortages, bevor Thomas Ressel aus dem Ressort Bildung und Qualifizierung der IG-Metall-Vorstandsverwaltung das gegenwärtig in der Diskussion stehende Leitbild der IG-Metall für diebetrieblich-duale und die hochschulische Berufsbildung "Beruflichkeit neu denken" vorstellt. Insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Arbeitswelt und der darauf beruhendenVeränderungen der Arbeitsorganisation vermittelt die Berufsbildung schon lange nicht mehr denLebensberuf, sondern muss neben dem heute schon erforderlichen selbständigen verantwortlichenHandeln in Prozessen auch die Erfahrungs- und Wissenschaftsorientierung in der digitalisiertenArbeitswelt ermöglichen. Dies zeitigt mannigfache Auswirkungen auf die Anforderungen anberufliches Lernen. Thomas Ressel beschreibt ferner, welche Handlungsfolgerungen derGewerkschaften in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, der Betriebs- und Tarifpolitik, aberauch der Gesellschaftspolitik aus dem Leitbild resultieren.

Anschließend geht Professor Günter Kutscha (Universität Duisburg-Essen) auf einzelne Aspekte desLeitbilds der erweiterten modernen Beruflichkeit vor dem Hintergrund des Verhältnisses von Bildungund moderner Beruflichkeit ein. Die Bildungsexpansion Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahrehabe zwar das Bildungsniveau aller Schichten im Durchschnitt verbessert, aber nicht dieherkunftsbedingten Ungleichheiten beseitigt. Während in der aktuellen bildungspolitischen Diskussion nahezu Konsens über eine Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung besteht,sei die tatsächliche Umsetzung beim Übergang in ein Studium defizitär. Ferner, so eine These vonGünter Kutscha, hänge die Wirksamkeit von Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit tatsächlich von derVerankerung von Beruflichkeit im Studium ab. Die große Herausforderung der Hochschulreform bestehe darin, das Studium so zu entwickeln, dass sich Bildung und Beruflichkeit wechselseitig im Medium der Wissenschaften entfalten können.Die abschließende Plenumsdiskussion mit den Referenten und dem GEW-Vorstandsmitglied gehtunter Einbeziehung der Tagungsteilnehmer/innen der Frage nach, was die beschriebenen Akademisierung der Berufsbildung und die Verberuflichung der Hochschulen für die Gewerkschaften konkret bedeuten.