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Bund-Länder Pakt „Wissenschaftlicher Nachwuchs“

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz hat ein Programm für den „wissenschaftlichen Nachwuchs“ vorgelegt, das morgen von den Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern bestätigt werden soll.

Foto: Colourbox.de

In einem geschlossenen Gesamtkonzept für einen Zukunftspakt zur Hochschulfinanzierung hätte auch ein Programm für verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft Platz, wie es die GEW bereits 2013 im Köpenicker Appell angeregt hat.

Die GEW hat im April – gestützt auf eine wissenschaftliche Expertise des Instituts für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg – die unzureichende Ausstattung des Programms kritisiert: Statt einer Milliarde Euro für 1.000 Tenure-Track-Professuren seien fünf Milliarden Euro für 5.000 Tenure Track-Professuren erforderlich, so die Bildungsgewerkschaft.

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag hat nun weitere Schwächen des Programms zu Tage gefördert. So bestätigt die Bundesregierung, dass das Programm keine Vorgaben enthält, um wirksam den Frauenanteil an Professuren zu erhöhen. Die GEW hatte vorgeschlagen, mindestens 50 Prozent der Tenure-Track-Professuren für qualifizierte Wissenschaftlerinnen zu reservieren. Die Bundesregierung kann ausschließlich auf die Regelung verweisen, dass die Tenure-Track-Phase bei Geburt oder Adoption von Kindern um bis zu zwei Jahre verlängert werden kann. "Diese Regelung zur Erhöhung von Chancengerechtigkeit bei beiden Geschlechtern gilt seit vielen Jahren an zahlreichen amerikanischen Spitzenuniversitäten", macht die Regierung geltend. Mit anderen Worten: Gleichstellungspolitik wird im Bund-Länder-Pakt auf die Vereinbarkeit von Familie und Qualifizierung reduziert.

In der Pauschale für die Tenure-Track-Professuren ist nach Angaben der Bundesregierung eine Strategiepauschale in Höhe von 15.397 Euro enthalten, die den durch den Pakt angestrebten "Kulturwandel" sowie eine "Weiterentwicklung der Personalstruktur an der gesamten Universität" finanzieren sollen. Mit diesen Summen dürften die Hochschulen aber kaum in die Lage versetzt werden, in nennenswertem Umfang Dauerstellen im akademischen Mittelbau zu fördern, wie zuletzt von Regierungspolitikerinnen und -politikern ins Feld geführt wurde. Die Forderung der GEW nach einer "Entfristungsoffensive" im Mittelbau, für die Bund und Länder zusätzlich zum Nachwuchs-Pakt sorgen müssten, bleibt uneingelöst. Hinzu kommt, dass die Pauschale zur Förderung der Tenure-Track-Professuren nicht an die Inflation sowie die Entwicklung von Gehältern angepasst werden soll, so die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage. Zudem tragen die Hochschulen mögliche Zusatzkosten, wenn die Tenure-Track-Professuren statt mit W1 wie für Juniorprofessuren mit W2 besoldet werden.

Bedauerlich auch, dass Bund und Länder zwar ein Programm für den "wissenschaftlichen Nachwuchs" vorlegen, aber die Zielgruppe selbst und die sie vertretende Gewerkschaft nicht einbeziehen - weder bei der Erarbeitung noch bei der Umsetzung des Programms. Die Bundesregierung unterstreicht in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage, dass für die Verhandlungen über den Pakt "Vertraulichkeit" verabredet worden sei. Auf die Frage, ob Vertreterinnen und Vertreter des wissenschaftlichen Nachwuchses im Auswahlgremium vertreten sein sollen, antwortet die Bundesregierung lapidar, dass dessen Mitglieder "einvernehmlich unter Einbeziehung der Hochschulrektorenkonferenz, des Wissenschaftsrats und der Deutschen Forschungsgemeinschaft" benannt werden sollen. Organisationen, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst vertreten, wie die Bildungsgewerkschaft GEW, werden explizit nicht genannt.

Die Sprecherin für Hochschul- und Wissenschaftspolitik der Fraktion DIE LINKE und Mitinitiatorin der Kleinen Anfrage Nicole Gohlke, MdB, hat das Bund-Länder-Programm daraufhin als "Trostpflaster" kritisiert, mit dem die Bundesregierung "der immer lauter werdenden Kritik am Befristungsunwesen und den mangelnden Perspektiven in der Wissenschaft zu begegnen" versuche. Sie sprach sich für einen "Einstieg in eine bedarfsdeckende und verlässliche Grundfinanzierung und ein Anreizprogramm zur Schaffung von unbefristeten Stellen auch neben der Professur" aus.