Zum Inhalt springen

Frankreich nach der Wahl

Bildungsgewerkschaften kämpfen weiter gegen Rechtsextremismus

Die Nouveau Front Populaire gewann die Parlamentswahlen in Frankreich und muss die neue Regierung bilden. Gleichzeitig erhielt der rechtsextreme Rassemblement National mehr Stimmen. Einschätzungen der Bildungsgewerkschaften SNES-FSU und UNSA.

(Foto: Unsplash)

„Wir erwarten von der neuen Regierung einen klaren Bruch mit der Politik, die seit 2017 betrieben wurde“, sagt Julien Farges, bei der französischen Bildungsgewerkschaft SNES-FSU zuständig für Internationales. Präsident Emmanuel Macron habe die öffentlichen Schulen ausbluten lassen. Erforderlich sei, den Beruf der Lehrkraft wieder attraktiv zu machen – durch steigende Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen. Ferner gelte es, die prekären Bedingungen für das Betreuungspersonal von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen zu bekämpfen.

Nicolas Anoto von der ebenfalls französischen Bidungsgewerkschaft UNSA verweist auf das Bildungsprogramm „Choc des savoirs“ („Wissens-Schock“), das unter Präsident Macron im Herbst 2023 verkündet wurde. „Schülerinnen und Schüler im Alter von 11 bis 14 sollen in nach Schulleistungen getrennten Klassen unterrichtet werden.“ Vorgesehen seien zudem jährliche standardisierte Tests. „Auch pädagogische Methoden und Bücher sollen standardisiert und vom Ministerium zugelassen werden“, kritisiert Anoto. Damit werde die Autonomie der Lehrkräfte eingeschränkt. „Das steht in totalem Widerspruch zu unseren Werten und Forderungen.“ Das Programm „Choc des savoirs“ müsse zurückgenommen werden. 

Rassemblement National will Lehrkräfte überwachen

Beide Gewerkschaften setzen ihren Kampf gegen die extreme Rechte fort. Der Rassemblement National (RN) bedrohe das emanzipatorische Selbstverständnis der Schulen, erklärte Julien Farges von SNES-FSU. Macron habe die Aufteilung der Schüler*innen nach sozialen und leistungsmäßigen Kriterien eingeleitet. Dies wolle der RN noch zuspitzen, ergänzt durch die Diskriminierung von muslimischen Schüler*innen. Die von Marine Le Pen dominierte Partei plane ferner, den Lehrplan für Geschichte zu ändern, um den Nationalismus zu fördern. Lehrkräfte, die angeblich gegen den Grundsatz der politischen und ideologischen Neutralität verstoßen, sollen bestraft werden. Farges betont zudem: „Der RN hat seine Feindschaft gegenüber den Gewerkschaften nie versteckt.“

Nicolas Anoto von UNSA erklärt: „Die Vorschläge des RN sind gefährlich für die Demokratie, für die Gesellschaft und für die Schule.“ UNSA werde deshalb ein politisches Fortbildungsprogramm für seine Mitglieder entwickeln. Das ziele darauf, dass die Kolleg*innen im öffentlichen Diskurs noch besser für die öffentliche Bildung, für Inklusion, für mehr soziales Miteinander und für die Trennung von Staat und Religion eintreten können. Um Rassismus zu bekämpfen, strebe die Gewerkschaft neue Bündnisse mit Vereinen, Verbänden und Bürgerinitiativen an.

„Internationale Solidarität ist wichtig.“ (Julien Farges)

UNSA und SNES-FSU engagieren sich gegen die radikale Rechte auch auf internationaler Ebene. Im Juni 2024 unterzeichneten UNSA und die ungarische Bildungsgewerkschaft PDSZ eine gemeinsame Resolution, in der sie vor rechtsextremen Umbauplänen für das Bildungswesen warnten. SNES-FSU organisierte mit der PSZ-SEH, einer weiteren ungarischen Bildungsgewerkschaft, Workshops gegen Rechtsextremismus. Zum 10. Kongress des Weltverbandes der Bildungsgewerkschaften Education International (EI), der Ende Juli in Buenos Aires stattfindet, haben zehn EI-Mitglieder, darunter die SNES-FSU und die GEW, eine Resolution zum Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus eingereicht. „Internationale Solidarität ist wichtig, um autoritären Staatschefs zu zeigen, dass sie unter Beobachtung der internationalen Gemeinschaft stehen“, fasst Julien Farges zusammen.