Rund 17,1 Millionen Menschen besuchten 2016 eine Bildungseinrichtung – eine Rekordzahl; zehn Jahre zuvor war es knapp ein Drittel weniger. Der Anstieg geht im Wesentlichen auf den Bereich der frühen Bildung sowie den universitären Sektor zurück. Nutzten 2006 lediglich 11,6 Prozent der Eltern ein öffentliches Betreuungsangebot für ihre Kinder, waren es 2016 bereits 36,6 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg die Studienanfängerquote von 44 auf 56 Prozent, der Anteil der Schulabsolventinnen und -absolventen mit Abitur erhöhte sich von 34 auf 43 Prozent. Erfreulich sei, so der Sprecher der Autorengruppe, der Berliner Bildungsforscher Kai Maaz, bei der Vorstellung des nationalen Bildungsberichts, dass immer mehr Kinder aus Migrantenfamilien eine Kita besuchten.
Die Investitionen in Bildung haben mit der wachsenden Bildungsbeteiligung allerdings nicht Schritt gehalten. Das wirkt sich vor allem auf die Personalentwicklung aus. Zwar hat sich zwischen 2006 und 2016 die Zahl der in Kitas, Schulen und Hochschulen Beschäftigten von 1,95 Millionen auf etwas mehr als 2,4 Millionen erhöht, doch lediglich im universitären Sektor entwickelte sich laut Bericht die Zahl des Lehrpersonals parallel zur steigenden Bildungsbeteiligung.
Einen weiter steigenden Personalbedarf prognostiziert die Studie für den Kita-Bereich. Hier gehen die Autorinnen und Autoren bis zum Jahr 2025 von einem Bedarf von rund 583.000 Fachkräften aus. Diese Prognose berücksichtigt die demografische Entwicklung, den Ersatzbedarf für ausscheidende Fachkräfte und notwendige Verbesserungen beim Personalschlüssel sowie die steigende Nachfrage der Eltern. Die Ausbildungskapazitäten reichen allerdings nicht aus. Nach derzeitigem Stand absolvieren in den kommenden sieben Jahren lediglich rund 274.000 Menschen die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher.
Lehrkräfte: verzweifelt gesucht
Ähnlich sieht es in den Schulen aus. Hier ist der Personalbedarf wegen der gestiegenen Geburtenrate und der Einwanderung ebenfalls gewachsen. Zusätzlicher Druck entsteht durch die Überalterung der Kollegien. 2016 war laut Bericht mehr als die Hälfte der Lehrkräfte in Deutschland über 50 Jahre alt. Die Länder setzen verstärkt auf Quereinsteiger. Zuletzt stieg deren Anteil an den Neueinstellungen auf 8,4 Prozent. Dies könne jedoch keine dauerhafte Strategie sein, mahnen die Bildungsforscher. Um die höhere Bildungsnachfrage in allen Bereichen aufzufangen, sei es notwendig, deutlich mehr Fachpersonal aus-, fort- und weiterzubilden. Quer- und Seiteneinsteiger könnten eine Lösung sein, dies aber nur bei entsprechender Qualifizierung.
Einigen politischen Maßnahmen, mit denen mehr soziale Gerechtigkeit und eine bessere Bildungsqualität erreicht werden sollten, stellt der Bericht insgesamt ein mittelmäßiges Zeugnis aus. So seien durch den Ausbau der Ganztagsschulangebote zwar die arbeitsmarktpolitischen Ziele erreicht worden (Zunahme der Erwerbstätigkeit von Müttern), auch die Qualität der Lehrer-Schüler-Beziehung sei besser geworden, auf die schulischen Leistungen habe die Reform jedoch keine Auswirkung gehabt. Auch der von der Politik erhoffte „kompensatorische Effekt für sozial benachteiligte Gruppen“ habe sich nicht eingestellt. Gleiches gelte für Maßnahmen im Bereich der Inklusion oder mit Blick auf den Ausbau der frühkindlichen Bildung. Um positive Effekte zu erzielen, seien mehr Investitionen sowie eine bessere Qualifizierung der Lehrenden und mehr Pädagoginnen und Pädagogen erforderlich.