Mehr als die Hälfte aller Menschen auf der Flucht sind minderjährig
Manos Antoninis, Direktor des UNESCO-Weltbildungsberichts, dankte zu Beginn seiner Präsentation ausdrücklich den 250.000 Menschen, die am 13. Oktober in Berlin bei der Unteilbar-Demonstration für Solidarität statt Ausgrenzung und Brücken statt Mauern eingetreten seien. Der mehr als vierhundert Seiten umfassende UNESCO-Bericht 2019 enthält umfangreiches Zahlenmaterial zu Migration, Flucht und Bildung und zahlreiche Empfehlungen an die Politik. Nach Auskunft von Antonitis leben neun von zehn Geflüchteten in armen Ländern, mehr als jeder Zweite ist unter 18 Jahren alt. Vier Millionen junge Flüchtlinge im Alter von 5 – 17 Jahren haben überhaupt keinen Zugang zu Bildung. Antoninis forderte, dass das Menschenrecht auf Bildung für Kinder und Jugendliche auf der Flucht unabhängig vom Vorhandensein von Dokumenten garantiert werden müsse.
Lehrkräfte sind der Schlüssel
Der UNESCO-Weltbildungsbericht empfiehlt den Regierungen, die Bildungsbedürfnisse von Migranten und Flüchtlingen zu erfassen und diese möglichst schnell in nationale Bildungssysteme einzubinden. Lehrkräfte seien der Schlüssel zu erfolgreicher Inklusion und müssten daher auf Vielfalt im Klassenzimmer vorbereitet werden. Doch nicht nur schulische Bildung sei wichtig. Auch gute frühkindliche Bildung sei notwendig, ebenso wie die Bildung von Flüchtlingen mit Behinderungen, die besonders benachteiligt sind. Der Bericht fordert dazu auf, das Potenzial von Migranten und Flüchtlingen zu nutzen und „die Geschichte von Migration und Flucht im Unterricht richtig darzustellen, um Vorurteile zu hinterfragen.“
Keine Zeit verlieren
Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, die gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Präsentation des UNESCO-Weltbildungsberichts eingeladen hatte, drängte darauf, keine Zeit zu verlieren: „Bildung ist die wichtigste Ressource der Gesellschaft. Die Bildung von Migranten und Flüchtlingen muss gezielt verbessert werden, und zwar schnell.“ Böhmer wies darauf hin, dass Deutschland eines der größten Einwanderungsländer sei. Jede vierte Person in Deutschland komme aus einer Migrantenfamilie, 39 Prozent der Kinder unter 5 Jahren hätten einen Migrationshintergrund.
Deutschland ist in der Verantwortung
Martin Jäger, Staatsekretär im BMZ, nahm Bezug zum aktuellen politischen Streit in Deutschland um den geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen und sieht die Bundesrepublik national wie international in der Verantwortung: „Das Recht auf Bildung ist zentral. Bildung ist der Schlüssel für die Entwicklung nicht nur des Einzelnen, sondern der ganzen Gesellschaft.“ Jäger kündigte eine Aufstockung des Zuschusses der Bundesrepublik zum internationalen Fonds ‚Education cannot wait‘ zur Finanzierung von Bildung für Geflüchtete von bisher 16 Mio auf 31 Mio Euro an.