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Bildung am Küchentisch

Zum Auftakt der Länderserie zum Fachkräftemangel schaut die „E&W“ nach Sachsen-Anhalt. Weil dort Lehrkräfte fehlen, schicken Schulen Kinder nach Hause, Eltern protestieren auf Marktplätzen, und eine Volksinitiative sammelt Tausende Unterschriften.

Eltern und Kinder protestierten im Herbst gegen den Lehrkräftemangel in Wernigerode im Harz. Foto: Julia Bruns

Während das Bildungsministerium in Magdeburg von einer fast hundertprozentigen Unterrichtsversorgung spricht, mehren sich landesweit Fälle, in denen der Schulbetrieb beinahe zusammenbricht. Immer wieder berichten Eltern von Schulausfällen: An der Grundschule Schlanstedt im Harz betreuten zeitweise wegen Krankheit und Schwangerschaft nur noch drei Lehrkräfte 72 Kinder. Auch an mehreren Grundschulen in Halle findet Fachunterricht kaum mehr statt, in zusammengelegten Klassen sitzen rund 40 Kinder. Aus einer Grundschule kursiert ein Brief an die Eltern, in dem es heißt: „Wir möchten Sie bitten, wenn möglich, Ihr Kind bis auf Widerruf zu Hause zu betreuen.“ Gründe seien ein hoher Krankenstand und „eine generelle Unterversorgung mit Unterrichtsstunden“. Eine Sekundarschule in Teutschenthal bei Halle soll sich zeitweise nur von Tag zu Tag gehangelt haben, Zehntklässlern sei zur Vorbereitung auf ihre Prüfungen das Selbststudium vorgeschlagen worden.

Auf der Internetseite der Volksinitiative „Den Mangel beenden“, an der sich die GEW beteiligt, gibt es fast täglich neue anonyme Einträge über Missstände wie regelhafte Stundenausfälle, reduzierte Wochenstunden und verzweifelte Schulleitungen. Es ist ein Teufelskreis: Eine zu dünne Personaldecke und Krankheitsfälle führen zur Überlastung des übrigen Kollegiums, zu mehr Ausfällen – und weiteren Krankheitsfällen. Die GEW-Landesvorsitzende Eva Gerth sagt: „Wir bräuchten aktuell in Sachsen-Anhalt mindestens 700 Lehrerinnen und Lehrer mehr, um eine volle Unterrichtsversorgung abzudecken und auf eine vernünftige Vertretungsreserve zu kommen.“ Um das in den vergangenen Schuljahren entstandene Personaldefizit zu beseitigen, wären sogar 1.000 Lehrerinnen und Lehrer nötig. Von 370 freien Stellen zum Schuljahresbeginn seien 100 nicht besetzt worden.

Die Vorschläge der GEW lauten: offene Ausschreibungen freier Stellen ohne Fächereingrenzung, Einstellung aller Bewerberinnen und Bewerber mit einer Lehramtsausbildung, massiver Ausbau der Studienkapazitäten, flexiblere Lehramtsstudiengänge, um Abbrecherquoten zu senken, und eine bessere Betreuung und Qualifizierung von Seiteneinsteigern – bis hin zur Lehramtsausbildung. Außerdem müsse der Lehrerberuf endlich besser bezahlt werden, um ihn für Nachwuchs attraktiver zu machen. Die Volksinitiative „Den Mangel beenden!“ sammelte bereits Zigtausende Unterschriften für zusätzlich 1.000 Lehrkräfte und 400 pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schulen des Landes.

Der Artikel von Sven Heitkamp ist in voller Länge in der Dezemberausgabe der „E&W“ nachzulesen.