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Bildungsgipfel

Bestenfalls ein Bildungshügel

Der Bildungsgipfel, zu dem Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) Mitte März nach Berlin eingeladen hatte, ist ohne greifbares Ergebnis geblieben. Es soll eine „Taskforce Team Bildung“ eingerichtet werden.

Schon bevor der Startschuss für den Bildungsgipfel überhaupt gefallen war, hagelte es von vielen Seiten Kritik. Auch die GEW stimmte in den Chor der Kritikerinnen und Kritiker ein. „Das Format dieses Bildungsgipfels ist enttäuschend. Es wird den Aufgaben, vor denen wir im gesamten Bildungswesen stehen, nicht gerecht“, begründete Vorsitzende Maike Finnern die Position der GEW. Schon gar nicht in drei Stunden, die der Gipfel – eine Vereinbarung im Vertrag der Ampelkoalition – dauerte. Die GEW-Chefin stellte zudem fest, dass es zu kurz gesprungen sei, den Fokus der Veranstaltung inhaltlich auf das Thema „Schule“ zu richten: „Es gibt auch in allen anderen Bildungsbereichen großen Handlungsbedarf.“

14 der 16 Kultusministerinnen und -minister der Länder erschienen erst gar nicht zu dem Gipfel, darunter alle CDU/CSU-Vertreterinnen und -Vertreter. Auch wenn es Stark-Watzinger allen Kritikerinnen und Kritikern mit der alles andere als gelungenen Vorbereitung des Gipfels leicht gemacht hat: Es zeugt nicht von Verantwortungsbewusstsein und Lösungsorientierung, wenn die Schulchefs und -chefinnen der Länder mit dem dünnen Argument der nicht ausreichenden inhaltlichen Einbindung im Vorlauf zu dem Gipfel durch Abwesenheit glänzen.

„Das Fehlen der Länder ist enttäuschend und nicht zielführend.“ (Maike Finnern)

„Das Fehlen der Länder ist enttäuschend und nicht zielführend“, kommentierte Finnern, die an der Veranstaltung für die GEW teilgenommen hat. Gerade weil die Herausforderungen, vor denen das gesamte Bildungswesen steht, riesig sind, ist es existenziell notwendig, dass sich Bund, Länder und Kommunen stärker aufeinander zubewegen und an einem Strang ziehen. Nur so können endlich tragfähige Lösungen entwickelt werden.

Bündnis für einen Neustart in der Bildung

Deshalb hat die GEW entschieden, sich einem breiten Bündnis anzuschließen, das aus 54 Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften besteht. Der Zusammenschluss hatte sich vor dem Bildungsgipfel auf Initiative mehrerer Stiftungen zusammengefunden. Das Bündnis setzt sich für einen Neustart in der Bildung ein und schlägt vor, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder zu einem „Nationalen Bildungsgipfel“ einladen.

„Der Bildungsgipfel kann nur der Startschuss für einen nachhaltigen Prozess sein, an dem alle in der Bildung wichtigen Player beteiligt sind.“

Dieser Vorstoß liegt auf der Linie der GEW. „Der Bildungsgipfel kann nur der Startschuss für einen nachhaltigen Prozess sein, an dem alle in der Bildung wichtigen Player beteiligt sind“, betonte Finnern während des Bildungsgipfels in einer Paneldiskussion. Gemeint sind damit etwa Verantwortliche in Bund, Ländern und Kommunen, Vertreterinnen und Vertreter der Eltern, Schülerinnen und Schüler, dazu Stiftungen und die Gewerkschaften der Pädagoginnen und Pädagogen.

Die GEW hat klare Vorstellungen, welche Herausforderungen angegangen und gelöst werden müssen: Die chronische Unterfinanzierung des gesamten Bildungswesens und der dramatische Fachkräftemangel in der ganzen Bildungskette überlagern alle anderen Probleme oder lösen diese aus. Zudem müssen die Gelder zielgerichteter verteilt und eingesetzt werden. Dafür ist das bisher übliche Instrument des „Königsteiner Schlüssels“ nicht geeignet. Diese Position der GEW und ihren Vorschlag der Neujustierung der Mittelzuweisung nach Sozialindizes teilen mittlerweile sehr viele Bildungsfachleute.

Bildungsföderalismus reformieren

Ohne einen grundlegenden Kurswechsel werden die gesellschaftlich notwendigen und sinnvollen Projekte nicht umzusetzen sein. Dazu gehören der Ausbau des Ganztags und der Digitalisierung, die Sanierung der Bildungseinrichtungen, die Weiterentwicklung der Inklusion und die Integration geflüchteter Menschen, um nur einige Baustellen zu nennen. Auch der Fachkräftemangel in vielen Arbeitssektoren wird nicht zu bewältigen sein, ohne dass es gelingt, die enge Abhängigkeit des Bildungserfolges der Kinder und Jugendlichen von ihrer sozialen Herkunft – die Achillesferse des Bildungssystems in Deutschland – zu entkoppeln und damit für mehr Chancengleichheit zu sorgen.

„Es ist sehr sinnvoll, Bildungspolitik über Staatsverträge zu steuern und das Kooperationsverbot für eine gemeinsame Finanzierung aller Ebenen aufzuheben.“

Um diese Aufgaben zu stemmen, muss der Bildungsföderalismus reformiert werden. Dabei geht es nicht darum, diesen aufzuheben, sondern ihn zukunftsfähig zu gestalten und so zu entwickeln, dass die unterschiedlichen Entscheidungsebenen verbindlicher und effektiver zusammenarbeiten. „Es ist sehr sinnvoll, Bildungspolitik über Staatsverträge zu steuern und das Kooperationsverbot für eine gemeinsame Finanzierung aller Ebenen aufzuheben“, sagt GEW-Vorsitzende Finnern. So können aus einem Bildungshügel doch noch etwas Produktives und ein radikales Umsteuern in der Bildung erwachsen – schließlich geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunftschancen der Menschen in unserer Gesellschaft.