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Berufsschulprogramm für geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene gefordert

Berufsschulen müssen geflüchtete Jugendliche mit verschiedenen Bildungsbiografien in maximal zwei Jahren zum Abschluss führen und auf eine Ausbildung vorbereiten. Schätzungen des Bundesinstitut für Berufsbildung zufolge sind bis zu vier Jahre nötig.

Auch für geflüchtete Kinder und Jugendliche gilt hierzulande die Schulpflicht, in den meisten Bundesländern bis zum 18. Lebensjahr. In der Regel sind es die beruflichen Schulen, die neu eingereiste Flüchtlinge ab dem 16. Lebensjahr aufnehmen – etwa 18.000 allein im vergangenen Jahr. Abhängig vom Bundesland unterscheiden sich die rechtlichen Grundlagen und Konzepte für die Beschulung jedoch erheblich – ein bundesweiter Überblick ist nahezu unmöglich. Allen gemein ist das bildungspolitische Ziel: „Junge Flüchtlinge sollen einen Zugang zu Ausbildung und Beruf erhalten – durch sprachliche Förderung, kulturelle Einbindung, politische Aufklärung und berufliche Orientierung", sagt Friedel Schier, beim Bundesinstitut für Berufsbildung zuständig für diese Menschen.

Organisatorisch und pädagogisch ist dies eine Herkulesaufgabe für Schulen und Lehrkräfte. In den Klassen sitzen junge Menschen mit unterschiedlichen Bildungsbiografien. „Viele haben Schulerfahrung, sind strukturiert und motiviert, einige sind dagegen vollkommen schulungewohnt. Während der Flucht, die bis zu vier Jahren dauern kann, haben sie keine Schule besucht“, sagt Sandra Pilster, Klassenlehrerin von Schülern aus dem Irak, Pakistan, Ghana, Serbien und Mazedonien im Bildungsgang Berufswahlvorbereitung mit Sprachförderung an der Allgemeinen Berufsschule (ABS) Bremen. Nur ein Teil der Jugendlichen werde vermutlich nach zwei Jahren den Schulabschluss schaffen.

Mehr Möglichkeiten der Differenzierung gefordert

Karsten Krüger, Mitglied im Personalrat Schulen und im GEW-Landesvorstand, plädiert daher für eine Verlängerung der Schulpflicht. „Dann können wir zusätzlich den 18- bis 20-Jährigen, die ohne Schulabschluss nach Deutschland kommen, die Möglichkeit eröffnen, sich zu integrieren“, sagt er. In Bayern kann die Schulpflicht laut Doris Weber, Lehrerin an einer Nürnberger Berufsschule, in begründeten Fällen bis zum 25. Lebensjahr erweitert werden. Weber fordert jedoch mehr Möglichkeiten der Differenzierung. „Gymnasien und Realschulen müssen endlich für Geflüchtete mit guten Bildungsvoraussetzungen geöffnet werden“, sagt sie.

Schier warnt unterdessen vor überzogenen Erwartungen. „Wir können beobachten, dass selbst junge Menschen, die eine gute schulische Vorbildung mitgebracht haben, einen Vorlauf von bis zu vier Jahren haben, bevor sie eine unterstützte Ausbildung beginnen.“ Damit die übrigen nicht auf der Strecke bleiben, fordert Ansgar Klinger, im GEW-Vorstand für Berufs- und Weiterbildung verantwortlich, vom Bund „ein gut ausfinanziertes Berufsschulprogramm für geflüchtete ältere Jugendliche und junge Erwachsene“. Die bisherigen Programme zur beruflichen Integration zielten auf die betriebliche Praxis sowie auf überbetriebliche Bildungsstätten und Bildungsträger ab. „Nur die berufsbildenden Schulen können kulturelle, sprachliche und berufliche Bildung so verbinden, dass diese jungen Menschen eine fundierte Ausbildungs- und Berufsvorbereitung bekommen“, betont Klinger jedoch.

Die komplette Reportage von Michaela Ludwig ist in der Aprilausgabe der "E&W" abgedruckt.