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Männer in pädagogischen Berufen

Berufsfeld Grundschule muss attraktiver werden

Viele Kinder erleben Grundschulen als weitgehend „männerfreie Zone“. Kein Wunder, schließlich gibt es dort gerade einmal gut 11 Prozent Männer.

Ein Bild mit Seltenheitswert: Nur gut 11 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen in Deutschland sind Männer. (Foto: IMAGO/Westend61)

Der Anteil der weiblichen Lehrkräfte lag im Schuljahr 2020/2021 bei weit über 50 Prozent; während an Gymnasien, Haupt-, Real- sowie Gesamtschulen und Gesamtschulen knapp zwei Drittel der Lehrkräfte Frauen waren, betrug ihr Anteil in den Grundschulen 88,6 Prozent. Wer nach Ursachen für das Ungleichgewicht forscht, findet eindeutige Antworten: zu wenig Geld, kaum Aufstiegschancen und ein für Männer wenig attraktives Berufsumfeld.

Die GEW ringt seit Jahren darum, die Bezahlung der -Lehrkräfte anzugleichen. Nicht zuletzt dank der GEW-Kampagne „JA13“ ist es in der Hälfte der Bundesländer gelungen, dass Grundschullehrkräfte von Anfang an in die Besoldungsstufe A13 (Beamte) bzw. Entgeltgruppe E13 (Angestellte) eingruppiert werden oder über Zulagen eine Anpassung der Gehälter erhalten – so in Hamburg, Thüringen, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein. In den anderen Bundesländern blocken die Landesregierungen noch.

„Was mich an dem Beruf angezogen hat, war der Umgang mit jungen Kindern, die offen und neugierig auf Lernangebote reagieren und ihre Rückmeldungen noch ganz ungefiltert geben.“ (Carsten Kroppach)

Eltern verstehen diese Diskussionen gar nicht. Schließlich wird in der Grundschule nicht nur das Fundament für die schulische Bildung gelegt, sondern die Erfahrungen dort sind für den weiteren Bildungs- und Lebensweg der Kinder entscheidend. „Wir können angesichts der herausfordernden und vielfältigen Aufgaben und stetig steigender Anforderungen bezüglich Fachwissen und pädagogischer Leistung keinen Grund sehen, der eine geringere Besoldung gegenüber anderen Lehrkräften rechtfertigt“, wundert sich zum Beispiel die Landeselternschaft Grundschulen in Nordrhein-Westfalen.

Doch die Besoldungsstufe allein ist nicht der Grund dafür, dass sich das Interesse am Grundschullehramt bei Männern in Grenzen hält. Einer, der sich als junger Mann aus guten Gründen für die Grundschule entschieden hatte, ist Carsten Kroppach. Der didaktische Leiter einer Gesamtschule in Bonn blickt zurück: „Was mich an dem Beruf angezogen hat, war der Umgang mit jungen Kindern, die offen und neugierig auf Lernangebote reagieren und ihre Rückmeldungen noch ganz ungefiltert geben. Das hat mir schon im Referendariat gut gefallen, auch die emotionale Bindung zu den Kindern schätzte ich sehr. Die Frage der Besoldung war für mich zweitrangig.“

Dass Kroppach der Grundschule später den Rücken zukehrte, war nicht geplant. „Das Angebot, an einer Gesamtschule zu arbeiten, wollte ich eigentlich nur vorübergehend annehmen, aber dann entdeckte ich die Chancen von größeren Systemen. Anders als in Grundschulen fand ich in der Gesamtschule mehr Möglichkeiten, meine Interessen einzubringen, Freundschaften zu knüpfen und Verantwortung für bestimmte Bereiche zu tragen. Ich übernahm zum Beispiel die Koordination der Unterstufe. Dass ich auf mehr männliche Kollegen traf, spielte ebenfalls eine Rolle. Deshalb bin ich geblieben.“

A13 bzw. E13 als Einstiegsgehalt

Und was bewegt Frauen, als Grundschullehrerinnen zu arbeiten? Was ist für sie wichtig, und worin unterscheiden sie sich womöglich von ihren männlichen Kollegen? Die Buchautorin und ehemalige Leiterin einer Grundschule im Großraum Frankfurt am Main, Kati Ahl, gibt Antworten. Sie arbeitet heute als Schulentwicklungsberaterin an der Lehrkräfteakademie Hessen und bringt Erfahrungen als Ausbildungsbeauftragte für Referendare mit.

„Natürlich ist es auch Frauen nicht egal, wie viel sie verdienen. Aber ich konnte zweierlei beobachten: Zum einen war tendenziell zu erkennen, dass Frauen sich eher als Männer zutrauen, die Bedürfnisse junger Kinder zu erfüllen als etwa die von Pubertierenden. Zum anderen zog es Männer mehr in die fachspezifische Arbeit der Unterrichtsfächer; und in den Grundschulen ist der Anteil der Ausbildung in didaktischer, pädagogischer und psychologischer Kompetenz nun einmal höher als in Schulformen der Sekundarstufe I.“

„Bei A12 als Einstiegsgehalt und einer strukturierten Deckelung bei A14 nehmen viele Menschen die Arbeit einer Grundschullehrkraft nicht ernst.“ (Kati Ahl)

Die Beraterin wertet die von der GEW und anderen geforderte Höhergruppierung als ein wichtiges Signal für die Wertschätzung des Berufs. „Um es mal auf den Punkt zu bringen: Bei A12 als Einstiegsgehalt und einer strukturierten Deckelung bei A14 nehmen viele Menschen die Arbeit einer Grundschullehrkraft nicht ernst.“ Es sei deshalb an der Zeit, in der Öffentlichkeit ein anderes Bild der Arbeit in Grundschulen zu zeichnen.

Das sieht Anja Bensinger-Stolze, für Schule verantwortliches Vorstandsmitglied der GEW, genauso. „Wir arbeiten seit 2011 systematisch an dem Thema. In den Grundschulen beginnen alle pädagogischen Reformen. Hier findet Inklusion statt, jetzt kommt der Ganztag. Die Lehrkräfte dort verdienen großen Respekt – und A13 beziehungsweise E13 als Einstiegsgehalt.“