Hochschulen
Befristungspraxis unter der Lupe
Zeitverträge in der Wissenschaft – die GEW macht seit Jahren auf das Problem aufmerksam und fordert Dauerstellen für Daueraufgaben. Eine neue Studie vergleicht erstmals die Befristungspraxis der Hochschulen und geht Einflussfaktoren auf den Grund.
Zu viele Zeitverträge mit zu kurzen Laufzeiten – kaum eine andere Branche ist davon so stark betroffen wie die Wissenschaft. Seit Jahren fordert die GEW Bund und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu Reformen auf, die für Dauerstellen für Daueraufgaben sorgen. Nicht an jeder Hochschule hat Befristungspraxis das gleiche Ausmaß. Weisen einige Hochschulen Befristungsquoten im akademischen Mittelbau von annähernd 100 Prozent auf, sind es bei anderen „nur“ gut die Hälfte.
Verschiedene Faktoren für Befristungen
Wie sich die Befristungspraxis der Hochschulen unterscheidet und welche Faktoren eine sehr hohe oder eine eher mäßige Befristungspraxis begünstigen, hat erstmalig eine Gruppe von Wissenschaftler*innen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau untersucht. Die Studie von Juniorprofessorin Dr. Freya Gassmann, Christian Mielczarek und Sarah Schlicher wurde von der Max-Traeger-Stiftung gefördert und ist jetzt von der GEW veröffentlicht worden.
Gassmann und ihr Team untersuchten nicht nur, ob die Hochschulart (Universität oder Fachhochschule), die Trägerschaft (staatlich oder privat), der Drittmittelanteil und die Fächerzusammensetzung der Hochschulen einen Einfluss auf die Befristungsquote haben, sondern auch, ob die Hochschule einen Kodex für Gute Arbeit hat.
Die GEW macht sich seit vielen Jahren dafür stark, dass sich Hochschulen in Kodizes zu fairen Beschäftigungsbedingungen und einer aktiven Personalentwicklung verpflichten. Blaupause dafür ist der bereits 2012 vorgelegte Herrschinger Kodex „Gute Arbeit in der Wissenschaft“.
„Das macht insofern Mut, als die Beschäftigten auch einen Einfluss auf die Befristungspraxis ihrer Hochschule nehmen können – wenn sie sich gewerkschaftlich organisieren und engagieren.“ (Andreas Keller)
In seinem Vorwort zur Studie freut sich Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Hochschulexperte der GEW, dass dieser Zusammenhang nachgewiesen wurde: „Das macht insofern Mut, als die Beschäftigten auch einen Einfluss auf die Befristungspraxis ihrer Hochschule nehmen können – wenn sie sich gewerkschaftlich organisieren und engagieren.“
Die GEW setze zwar weiter auf eine Reform von Wissenschaftszeitvertragsgesetz und Landeshochschulgesetzen sowie auf einen Paradigmenwechsel in der Forschungsfinanzierung, der für mehr Grundfinanzierung statt Projektfinanzierung sorgt. Aber, so Keller, auch die Hochschulen selbst verfügten über Handlungsspielraum, „insbesondere, weil ihre Autonomie auch in Personalangelegenheiten in den letzten Jahren substanziell gestärkt wurde“. Die GEW werde darauf pochen, dass die Hochschulen ihre Rolle als Arbeitgeber verantwortungsbewusst wahrnehmen.
60489 Frankfurt am Main