Zum Inhalt springen

BAföG wird immer mehr zum Randphänomen

6 von 7 Studierenden bekommen keinen Cent Ausbildungsförderung: Das ist die Bilanz des gestern von der Bundesregierung veröffentlichten 21. BAföG-Berichts. Die staatliche Förderung verkommt immer mehr zum Randphänomen der Studienfinanzierung.

Im Berichtszeitraum 2012 bis 2016 ist die jahresdurchschnittliche Zahl der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) geförderten Studierenden um fast 17 Prozent gesunken. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Studierenden um 15 Prozent. Im Ergebnis erhalten heute gerade einmal 14 Prozent der Studierenden BAföG.
Kein Wunder, dass zwei Drittel der Studierenden jobben gehen, um die Löcher im Portemonnaie zu stopfen. Hauptfinanzier der Studierenden sind die Eltern – im Vorteil sind diejenigen, deren Eltern sich eine großzügige Unterstützung leisten können. In den ersten Jahren des BAföG hatten einmal fast 45 Prozent der Studierenden staatliche Förderung erhalten.

Weiter Aufschieberitis bei der Bundesregierung

Wie Spiegel Online berichtet, hatte im Entwurf für den Bericht ursprünglich noch gestanden, „dass eine Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie der Höchstbeträge bei den Sozialpauschalen notwendig wird“. In der veröffentlichten Fassung heißt es jetzt nur noch, „dass eine mögliche Neufestlegung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie der Höchstbeträge bei den Sozialpauschalen eine Aufgabe der künftigen Bundesregierung ist“.
Der deutlich gewordene Handlungsbedarf wird also zwar gesehen – aber weiter aufgeschoben. Aufschieben scheint bei der Bundesregierung Methode zu haben: Eigentlich sind nach § 35 des BAföG „die Bedarfssätze, Freibeträge sowie die Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 alle zwei Jahre zu überprüfen und durch Gesetz ggf. neu festzusetzen“. Trotzdem ist der letzte BAföG-Bericht der Bundesregierung schon fast vier Jahre alt – er erschien im Februar 2014.

GEW fordert umfassende BAföG-Reform

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Deutschen Bundestag aufgefordert, die Fördersätze und Freibeträge sofort um mindestens zehn Prozent zu erhöhen. „Es gibt keinen Grund, mit der überfälligen Anpassung der Ausbildungsförderung auf die Bildung einer neuen Bundesregierung zu warten – die Studierenden dürfen nicht ausbaden, dass die Politikerinnen und Politiker in Berlin nicht zu Potte kommen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, in Frankfurt am Main. „Auch die Lebenshaltungskosten und Mieten steigen weiter und warten nicht bis die Regierungsbildung abgeschlossen ist. Das Parlament sollte jetzt schnell handeln und das BAföG erhöhen“, mahnte der GEW-Vize.
Eine umfassende BAföG-Reform gehöre dann nach ganz oben auf die Agenda der neuen Bundesregierung, führte Keller weiter aus. „Die BAföG-Förderung muss endlich wieder als Vollzuschuss ausgezahlt werden, weil die Angst vor Schulden viele junge Menschen davon abhält, ein Studium aufzunehmen. Die Förderungshöchstdauer muss an die tatsächlichen Studienzeiten angepasst werden, damit die Studierenden nicht ausgerechnet in der Examensphase mit leeren Händen dastehen. Altersgrenzen passen nicht zu der in Sonntagsreden beschworenen Idee des lebenslangen Lernens. Damit Jugendliche aus finanzschwachen Elternhäusern schon auf dem Weg zum Abitur unterstützt werden, muss das BAföG für Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen ab Klasse 11 wieder eingeführt werden.“