Coronapandemie
Auswirkungen auf die duale Berufsausbildung
Die Coronakrise hat Folgen für die duale Ausbildung: Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) könnten 2020 deutlich weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen werden. Die GEW ist alarmiert.
Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge wird im Jahr 2020 voraussichtlich weniger als 500.000 Neuabschlüsse betragen und damit mindestens 25.000 weniger als im Jahr 2019. Das ist das Ergebnis der Studie „Auswirkungen der ‚Corona-Krise‘ auf die duale Berufsausbildung – Risiken, Konsequenzen und Handlungsnotwendigkeiten, die Tobias Maier für das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erstellte.
Diese Prognose deckt sich mit den aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA): Aktuell sind demnach rund acht Prozent weniger Bewerberinnen und Bewerber gemeldet, als im Vorjahr. „Das ist unter Berücksichtigung der verbleibenden Zeit bis zum Ausbildungsbeginn 2020 ein Alarmsignal“, sagte Ansgar Klinger, Leiter des GEW-Organisationsbereichs Berufliche Bildung und Weiterbildung.
Besetzungsprobleme in Betrieben möglich
Weitere Szenarien der Studie: Bei einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 7 Prozent und einem gleichzeitigen Rückgang des Nachfragepotenzials könnte die Zahl der Neuabschlüsse auch auf bis zu 460.000 Verträge fallen. Bei einem Wirtschaftseinbruch im zweistelligen Prozentbereich wird die Zahl der Neuabschlüsse voraussichtlich sogar unter dieser Zahl liegen.
Für eine Prognose des Ausbildungsplatzangebotes ist laut der Untersuchung nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch das Ausbildungsinteresse von Jugendlichen relevant. Die vergleichsweise ungünstigen Ausbildungschancen führen Maier zufolge auch dazu, dass studienberechtigte Jugendliche, die möglicherweise ein Interesse an einer dualen Berufsausbildung gehabt hätten, sich für ein vermeintlich krisensicheres Studium entscheiden. Schülerinnen und Schüler mit mittlerer Reife versuchten hingegen, ihre Marktchancen zu verbessern, indem sie über Fachgymnasien oder Fachoberschulen die (Fach)Hochschulreife erwerben würden.
Schlechtere Chancen für benachteiligte Jugendliche
Je mehr der besserqualifizierten Jugendlichen ihr Ausbildungsinteresse zurücknehmen, desto eher werden auch Besetzungsprobleme für Betriebe wahrscheinlich. Von der Krise betroffene Unternehmen, Praxen und Verwaltungen könnten voraussichtlich weniger Anstrengungen unternehmen, um benachteiligte Jugendliche zu einem Ausbildungsabschluss zu führen.
Die Zahl der unvermittelten Bewerberinnen und Bewerber für eine Berufsausbildung könnte laut der Studie bei einem BIP-Einbruch von 11,2 Prozent auf bis zu 97.900 ansteigen. Dies wären 24.200 Menschen mehr als im Jahr 2019 (73.700). Bei einem unverminderten Ausbildungsinteresse und bis zu 7 Prozent BIP-Verlust läge die Zahl der unvermittelten Bewerberinnen und Bewerber bei maximal 89.700 Menschen - und damit maximal um 16.000 höher als im Jahr 2019. Ginge das Nachfragepotenzial ebenso zurück, wäre bei 7 Prozent BIP-Rückgang mit maximal 88.500 unvermittelten Bewerberinnen und Bewerbern zu rechnen.
Auch vollzeitschulische Ausbildung braucht Schutz
Die Allianz für Aus- und Weiterbildung, in der auch die GEW vertreten ist, vereinbarte konkrete Schwerpunkte und Maßnahmen, um die derzeitige Ausbildung erfolgreich fortzuführen beziehungsweise abzuschließen und darüber hinaus die in diesem Jahr startende Ausbildung zu sichern. Diese sind hier nachzulesen. Und: „Nicht nur die duale Ausbildung, sondern auch die vollzeitschulische Ausbildung – insbesondere in den Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen bedürfen eines Schutzes im Zeichen der Corona-Pandemie“, betonte Klinger.