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Austausch macht Schule – zuhause und international

Um interkulturelle Bildung und schulische Begegnungen mit Partnern im Ausland ging es bei einer Expertentagung Ende September in Berlin. Für die GEW hat Franz Dwertmann daran teilgenommen.

Fotos: Franz Josef

 

„Die gefährlichste Weltanschauung ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben“. Mit diesem Zitat Alexander von Humboldts kann man gut den Geist charakterisieren, der die Tagung „Austausch macht Schule“ durchwehte. Die Initiative ‚Austausch macht Schule‘ und die Robert-Bosch-Stiftung hatten dazu am 29./30. September 2015 Experten nach Berlin eingeladen, die mit Schüleraustausch zu tun haben.

Bestandsaufnahme internationaler Schülerbegegnungen

Vom Deutsch-Französischen Jugendwerk und Deutsch-Polnischen Jugendwerk über die Kultusministerkonferenz und den Pädagogische Austauschdienst, von ConAct (Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch) bis Eurodesk, vom Goethe-Institut bis zu diversen Stiftungen versammelte man sich, um eine Bestandsaufnahme der internationalen Kontakte und Begegnungen deutscher SchülerInnen und  Schulen mit ausländischen Partnern zu versuchen. Die sächsische Kultusministerin Kurth betonte, dass sie als KMK-Vorsitzende die Förderung der interkulturellen Bildung, und dabei liege ihr der Schüleraustausch besonders am Herzen, zum Top-hema machen wolle. Die deutsche Gesellschaft brauche ein internationales Bewusstsein.

Internationalisierung der Schulen

Die aktuelle Entwicklung um die Flüchtlinge, die nach Deutschland und in die Schulen kommen, war in den Vorträgen und Arbeitsgruppen immer präsent. Der „Austausch zu Hause“ müsse als Chance begriffen werden, er wurde als Ergänzung des „klassischen“ Schüleraustauschs angesehen. Beide gehörten zur zwangsläufigen, aber auch positiv zu wollenden Internationalisierung unserer Schulen. Mit Erstaunen wurde zur Kenntnis genommen, dass es in Deutschland an die 15 000 LehrerInnen gebe, die im Ausland unterrichtet hätten und so eine große interkulturelle Erfahrung besäßen, die sowohl für internationale Schülerbegegnungen als auch hinsichtlich der Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen bei der Beschulung von Flüchtlingen eine wichtige Rolle spielen könnten. Die Anregung der GEW an die Kultusministerien, diese Ressource zu erschließen und zu nutzen fand positive Resonanz.

Individuelle Lernerfahrungen und institutionelle Effekte

Die Tagung bot aber zunächst einmal die Gelegenheit zum Austausch für die vielen Akteure, die mit dem Schüleraustausch zu tun haben. Es wurde dabei kritisch vermerkt, dass diese oft aneinander vorbei arbeiten bzw. gar nicht von einander wissen, obendrein zu wenig Transparenz und Koordination vorhanden sei. Auf den Prüfstand kamen auch die Effekte des Schüleraustauschs. Prof. Rakhkochkine von der Universität Leipzig problematisierte, ob neben den zweifelsfrei vorhandenen individuellen Lernerfahrungen auch nachhaltige institutionelle Effekte durch internationale Schülerbegegnungen erzeugt würden. Ein weiteres Defizit wurde in der Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler ausgemacht: Der typische Austauschschüler sei gymnasial und weiblich. Vor allem die berufliche Bildung müsse viel stärker in internationale Begegnungen einbezogen werden. Internationale Schüleraustausche dürften keine Eliteveranstaltung sein.

Nachhaltigkeit vor Exotik

Man müsse generell in der Lehreraus- und fortbildung die interkulturellen Strukturen der Schulen bewusst machen. So wie man auch non-formale Bildungsaspekte wie den Schüleraustausch im Schulcurriculum verankern müsse. An die Politik, und speziell die Schulbehörden in den Bundesländern, wurde die Forderung gerichtet, Austauschbeauftragte in den Schulen einzurichten und für die Betreuung des Schüleraustauschs Anrechnungsstunden zur Verfügung zu stellen. Den LehrerInnen seien die Reisekosten zu ersetzen. Nur so könne Kontinuität in den internationalen Beziehungen zu Schulen in anderen Ländern gewährleistet werden. Generell gelte: Nachhaltigkeit vor Exotik.