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Arbeitszeit endlich senken!

Die Arbeitszeitverordnungen der Lehrkräfte müssen endlich der Realität angepasst werden. Alle Aufgaben, die allein durch Inklusion, Ganztag und Sprachförderung hinzugekommen sind, werden bisher nicht berücksichtigt.

Laura Pooth, Vorsitzende der GEW Niedersachsen. Foto: GEW Niedersachsen

Auch er hätte es besser wissen müssen: Schon 1995, als der damalige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) seinen berühmten Ausspruch, Lehrer seien „faule Säcke“, tat, war das Gegenteil längst bewiesen. Seit 60 Jahren gibt es Studien zur Arbeitszeit von Lehrkräften. Ganz gleich mit welcher methodischen Herangehensweise gearbeitet wird, ein Ergebnis ist immer ähnlich: Lehrkräfte arbeiten erheblich zu viel und es existiert ein riesiger Berg nicht sichtbarer Überstunden – ohne Bezahlung, ohne Zeitausgleich, vielfach ohne Perspektive auf Besserung. Denn als zweites Ergebnis der Analyse von Thomas Hardwig und Frank Mußmann zeigt sich, dass der relative Anteil an Unterricht (an der Gesamtarbeitszeit) tendenziell kleiner wird und der unsichtbare Teil der Arbeit größer.

Was folgt daraus? Es darf keinen Aufschub mehr geben! Die Fakten liegen auf dem Tisch. Immer und immer wieder bestätigt und an keiner Stelle widerlegt. Die Lehrkräftearbeitszeit muss gesenkt werden. Angesichts der Tatsache, dass die außerunterrichtlichen Tätigkeiten zunehmen und diese aber keinesfalls beschnitten werden können, weil sonst die Qualität der Arbeit und der selbst gestellte Professionsanspruch leiden, ist es umso dringender, die Unterrichtsverpflichtung zu senken.

Ein Zitat fällt in der Studie darüber hinaus ins Auge: „Auffällig ist das Festhalten an dem aus der Kaiserzeit stammenden Deputatsmodell, das sich seit 1873 nicht verändert hat.“ Die Regelstundenzahl für ‚niedere‘ und ‚höhere‘ Schulformen ist noch heute genau wie in der Kaiserzeit unterschiedlich hoch. In diesen mehr als 100 Jahren hat sich die Wochenarbeitszeit etwa von Industriearbeitern halbiert, bei vielen Beamtinnen und Beamten ist sie von 48 auf unter 40 Stunden gesunken. An den Schulen hingegen ist die Höhe der Deputate nahezu unverändert.

Die Arbeitszeitverordnungen der Lehrkräfte müssen endlich der Realität angepasst werden. In Niedersachsen gilt diese Verordnung beispielweise seit über 20 Jahren. Alle Aufgaben, die allein durch Inklusion, Ganztag und Sprachförderung hinzugekommen sind, werden schlicht nicht berücksichtigt. Das ist weder juristisch noch politisch hinnehmbar. Und die niedersächsische Belastungsstudie belegt unbestreitbar: Lehrkräfte sind hochbelastet und gleichzeitig hochmotiviert. Die Arbeitgeber müssen endlich umfassend für Entlastung sorgen – am fehlenden Wissen kann es nicht liegen, allenfalls am mangelnden Willen.