Zum Inhalt springen

Arbeitsgericht: Restzeiten sind für die Stufenzuordnung bei Wiedereinstellung zu berücksichtigen

Im Februar 2013 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass bei erneuter Einstellung von Beschäftigten ihre in früheren befristeten Arbeitsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber erworbene Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen ist.

Mit dem Urteil gibt der Sechste Senat die Rechtsauffassung auf, wonach Beschäftigte bei einer Neueinstellung nach einer Befristung hinsichtlich des Diskriminierungsverbots gemäß § 4 Absatz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz und Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz nicht mit Dauerbeschäftigten verglichen werden können. Der Grund hierfür ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu § 4 Nr. 4 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.

Nach diesem Urteil ist die Regelung des § 16 Absatz 3 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, soweit für die nach einer unschädlichen Unterbrechung der Arbeitsverhältnisse neueingestellten Beschäftigten, die zu demselben Arbeitgeber vorher in einem befristeten Arbeitsverhältnis standen, die Restzeiten einer einschlägigen Berufserfahrung aus diesen Arbeitsverhältnissen für die Stufenlaufzeit nicht berücksichtigt werden.

§ 16 Absatz 2 TV-L bestimmt, dass die Beschäftigten bei Einstellung der Stufe 1 zugeordnet werden, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt (Satz 1). Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis (Satz 2). Als „Einstellung“ gilt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch der erneute Abschluss eines (befristeten oder unbefristeten) Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren Anschluss an ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Dies führt dazu, dass bei erneuter Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu demselben Arbeitgeber grundsätzlich nur in dem in § 16 Abs. 2 TV-L geregelten Umfang ein Anspruch auf Berücksichtigung der einschlägigen Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung besteht. Beträgt diese beispielsweise elf Monate, so beginnt nach der genannten Vorschrift die Stufenlaufzeit in der Stufe 1 trotzdem mit Null.

Restzeit ist anzurechnen

Die neue Rechtsprechung hat zur Folge, dass die zum Einstellungszeitpunkt vorhandene Restzeit einer einschlägigen Berufserfahrung auf die Stufenlaufzeit anzurechnen ist, auch wenn sie beispielweise nur elf Monate beträgt und sich die Stufenlaufzeit um die Dauer der Restzeit verkürzt. Die Stufenlaufzeit beginnt mit dem Einstellungszeitpunkt nicht neu zu laufen. Der sich aus der bisher längeren Verweildauer in der niedrigeren Stufe ergebende Entgeltverlust kann innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L beim Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. GEW-Mitglieder können entsprechende Musterschreiben für die Geltendmachung bei den Landesrechtsschutzstellen der GEW erhalten.

Im Übrigen hat der Senat klargestellt, dass

  • auch eine wiederholte Begründung von Arbeitsverhältnissen eine Einstellung im Sinne des § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L ist und
  • nach § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L nicht nur auf ein einziges Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber abzustellen ist, sondern auf die Zeiten einer einschlägigen Berufserfahrung aus allen vorherigen Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber, wenn diese unschädlich unterbrochen waren; dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Arbeitsverhältnisse befristet oder unbefristet waren.

Die Rechtsauffassung des BAG, dass § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L Zeiten einer einschlägigen Berufserfahrung aus früheren Arbeitsverhältnissen zu einem anderen Arbeitgeber nicht erfasst, bleibt unberührt.

Die geänderte Rechtsauffassung zu § 16 Absatz 3 Satz 1 TV-L bei Neueinstellung im Zusammenhang mit § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L trifft auch für den Bereich der Kommunen und des Bundes zu, so dass die o.g. Folgen nicht nur auf Beschäftigte im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder begrenzt sind, sondern auch Beschäftigte des Bundes und der kommunalen Arbeitgeber und der anderen TV-L- und TVöD-Anwender betreffen. Ferner sind von der geänderten Rechtsauffassung auch die Beschäftigten betroffen, die unter die Sonderregelungen zu § 16 Absatz 2 TV-L fallen (§ 40 Nr. 5 TV-L - Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen und § 44 Nr. 2a TV-L – Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte).

Die Entscheidung des Sechsten Senats ist auch auf der Homepage des BAG veröffentlicht (Link siehe Servicebox rechts oben).