30. Gewerkschaftstag der GEW
Annett Lindner vertritt auch künftig die Tarif- und Beamtenpolitik
Die Delegierten des 30. GEW-Gewerkschaftstages haben Annett Lindner den Arbeitsbereich Tarif- und Beamtenpolitik anvertraut. Bei ihrer Wahl in Berlin erhielt Lindner 83,9 Prozent der Delegiertenstimmen.
In ihrer Bewerbungsrede wies Lindner auf die besonderen Schwierigkeiten hin, Kolleginnen und Kollegen im Bildungsbereich zum Streiken zu bewegen. Das sei nicht einfach. Viele hätten Skrupel: „Doch ein Streiktag ist kein verlorener Tag für die Kinder. Wir können mit ihnen darüber reden und ihnen unsere Gründe vermitteln. Die Kinder erleben und lernen auf diesem Weg Demokratie live. Wenn wir den Kindern beibringen sollen, für ihre Rechte einzustehen, dann müssen wir ihnen das auch vorleben.“
Streiken ist ein Menschenrecht
Die 59-jährige Pädagogin war im vergangenen Jahr von den Mitgliedern des GEW-Hauptvorstands mit 88,1 Prozent in ihr Amt gewählt worden. Der Hauptvorstand ist das höchste beschlussfassende Gremium der Gewerkschaft zwischen den Gewerkschaftstagen. Die Nachwahl war notwendig geworden, weil Daniel Merbitz, das bisherige Vorstandsmitglied, sein Amt aus privaten Gründen niedergelegt hatte. Lindner war davor mehr als 20 Jahre Vorsitzende der GEW Mecklenburg-Vorpommern.
Lindner erinnerte daran, dass es selbst zur Wendezeit schwierig gewesen sei, Lehrkräfte zum Streiken zu bewegen. Dabei seien die Beschäftigten in den neuen Bundesländern nach dem Ende der DDR alle Angestellte gewesen. Heute müsse die GEW daran erinnern, dass Streiken ein Menschenrecht sei, das allen Beschäftigten zustehe. Das Verhandeln von Tarifverträgen sei kompliziert genug angesichts der zersplitterten beruflichen und tariflichen Struktur. Lindner plädierte dafür, die Beteiligungsmöglichkeiten im Vorfeld von Tarifverhandlungen zu erweitern und dabei auch neue Formen zu nutzen.
Unzufriedenheit mit vergangenen Tarifrunden
Nicht alle Delegierten waren mit den Ergebnissen der vergangenen Tarifrunden zufrieden. Das wurde bei Lindners Vorstellung deutlich. Kritisiert wurde, dass viele Beschäftigte nach wie vor in prekären Verhältnissen arbeiten würden, etwa im Bereich der Schulsozialarbeit. Lindner erinnerte daran, dass hier viele als Einzelkämpfer unterwegs seien. Man dürfe den Kolleginnen und Kollegen auch keine falschen Hoffnungen machen, keine Erwartungen wecken, die die GEW dann nicht erfüllen könne. Es bleibe eine Herausforderung, in allen Tarifbereichen gerechtere Arbeitsbedingungen und Gehälter durchzusetzen. Das gehe letztlich aber nur mit entsprechenden Interessenvertretungen vor Ort.