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Zukunftsvertrag unter der Lupe

Analyse der Verpflichtungserklärungen der Länder

Mit dem „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ sollten die Länder auch für mehr Dauerstellen an den Hochschulen sorgen. So sieht es die Verwaltungsvereinbarung zum Vertrag vor.

Foto: picture-alliance / Frank Rumpenhorst

Eine Analyse der am vergangenen Freitag vorgelegten Verpflichtungserklärungen der Länder zeigt: Papier ist geduldig. „Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat mit großer Gleichgültigkeit alles hingenommen, was ihre Amtskolleginnen und -kollegen der Länder in die Verpflichtungserklärungen geschrieben haben. Verbindliche Zielvorgaben und messbare Kriterien: weitgehend Fehlanzeige. Faire Beschäftigungsbedingungen und mehr Dauerstellen: oft nicht einmal im Kleingedruckten. Hinzu kommen Mitnahmeeffekte: Längst eingepreiste Maßnahmen werden nun mit Zukunftsvertragsgeldern finanziert. Bund und Länder haben die Chance zu einer bundesweiten Entfristungsoffensive an den Hochschulen verpasst“, kritisierte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Am 26. Juni war es soweit. Nachdem Bund und Länder ein Jahr lang Geheimverhandlungen über die Ausgestaltung der Verpflichtungserklärungen geführt hatten, wurden diese von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) entgegengenommen und veröffentlicht. In ihren Verpflichtungserklärungen legen die 16 Länder dar, nach welchen Kriterien sie das Geld aus dem Zukunftsvertrag – es geht um jährlich zunächst 3,88 Milliarden Euro – an ihre Hochschulen verteilen.

Der „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ tritt am 1. Januar 2021 die Nachfolge des „Hochschulpakts 2020“ an. Mit dem Hochschulpakt hatten Bund und Länder 2007 bis 2020 befristet Geld bereitgestellt, damit die Hochschulen den Studierendenberg bewältigen konnten. Doch aus dem angeblichen Studierendenberg ist längst ein Hochplateau geworden. Die Prognosen gehen inzwischen davon aus, dass sich die jährliche Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger bei etwa 500.000 einpendeln wird. Die Hochschulen brauchen also dauerhaft mehr Geld. Der Zukunftsvertrag trägt diesem Bedarf Rechnung und läuft ab 2021 unbefristet.

Damit hatten Bund und Länder eine zentrale Forderung des 2018 von der GEW vorgelegten Budenheimer Memorandums aufgegriffen. Weitergehende Forderungen des Memorandums etwa nach einer kräftigen Erhöhung sowie regelmäßigen Anpassung des Budgets an Preissteigerungen (Dynamisierung) wurden nicht umgesetzt. Mit einer GEW-Idee taten sich Bund und Länder besonders schwer: Die Bildungsgewerkschaft hatte vorgeschlagen, aus dem Bund-Länder-Programm eine „Entfristungsoffensive“ zu machen. Alle mit dem Zukunftsvertrag finanzierten Stellen sollten Dauerstellen werden. „Wenn schon der Zukunftsvertrag auf unbestimmte Zeit läuft, also entfristet worden ist, muss auch das mit dem Vertrag finanzierte Personal entfristet werden“, mahnte GEW-Vize Keller.

Gemeinsam mit ihrer Schwestergewerkschaft ver.di und dem Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss) startete die GEW die Initiative „Frist ist Frust“, die sich die Verwendung der Zukunftsvertragsmittel für Dauerstellen auf die Fahnen schrieb. Am Ende konnte immerhin erreicht werden, dass der Zukunftsvertrag die Länder verpflichtet, bei dessen Umsetzung „insbesondere beim Ausbau von dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen, mit Studium und Lehre befassten Personals an den Hochschulen“ Schwerpunkte zu setzen, wie es in § 1 Absatz 2 der Verwaltungsvereinbarung heißt. Darüber hinaus sollen die Länder in eigener Verantwortung auf eine „Verbesserung der Betreuungsrelation bzw. Betreuungssituation“ sowie auf eine „geschlechterparitätische Zusammensetzung des Personals“ hinwirken.

Vor diesem Hintergrund war die Veröffentlichung der Verpflichtungserklärungen der Länder am 26. Juni mit Spannung erwartet worden. Für die GEW fällt die Bilanz ernüchternd aus. „So lange es bei diesen wachsweichen Verpflichtungserklärungen bleibt, hat der Zukunftsvertrag nicht das Zeug zur Entfristungsoffensive“, sagte GEW-Vize Keller. Die Länder richteten entweder unverbindliche Erwartungen an die Hochschulen oder ließen ihnen sogar, wie Hamburg, vollkommen freien Gestaltungsspielraum. Soweit überhaupt Zielquoten für den Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse genannt würden, gingen diese nur minimal über den Status quo hinaus oder seien, wie in Berlin, längst vereinbart worden. Eine Obergrenze für die Lehrverpflichtung als Grundlage für eine qualitativ hochwertige und forschungsbasierte Lehre werde an keiner Stelle thematisiert. „Mit dem Zukunftsvertrag dürften daher weiterhin, wie schon mit dem Hochschulpakt, Hochdeputatslehrkräfte mit Kurzzeitverträgen finanziert werden – das ist nicht nur unfair gegenüber den hoch qualifizierten und motivierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern unterminiert auch die Qualität von Lehre und Studium, deren Stärkung in Zeiten der pandemiebedingten Online-Lehre einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfte“, kritisierte Keller.

Keller erkennt allerdings an, dass nicht alle Länder auf ein schamloses „Weiter so“ setzen, sondern es auch einige wenige positive Ansätze gibt. So hat etwa Bremen eine Quote von 65 Prozent unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse beim bisher vom Hochschulpakt finanzierten Personal vorgegeben. Rheinland-Pfalz hat sich die Schaffung von 750 Dauerstellen vorgenommen und möchte 44 Prozent Zukunftsvertragsmittel für das Land in Dauerstellen fließen lassen. Sachsen hat sich dazu bekannt, 800 zusätzliche Dauerstellen zu schaffen und will damit die Quote der unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ohne Drittmittelbeschäftigte) von 31,2 auf 37,5 Prozent anheben – im Gegenzug allerdings die Lehrverpflichtung erhöhen und damit die Betreuungsrelationen verschlechtern. Auch Thüringen will die Dauerbeschäftigtenquote beim wissenschaftlichen Personal erhöhen, und zwar von 58 auf 65 Prozent (inkl. Professorinnen und Professoren).

FAQ Verpflichtungserklärungen der Länder unter der Lupe

„Das bewährte Instrument individueller Selbstverpflichtungen zu fairen Beschäftigungsverhältnissen je Hochschule wird fortgesetzt“, so heißt es in der Selbstverpflichtungsklärung des Landes Baden-Württemberg. Das Land schafft die Rahmenbedingungen, garantiert auch die Übernahme der Personalkostensteigerung und formuliert die Erwartung, dass das dauerbeschäftigte Personal zunehmen wird, macht den Hochschulen jedoch keine Auflagen. In diesem nicht exakt abgesteckten Rahmen wird als Ziel formuliert, dass der Aufwuchs an unbefristetem Personal die Gleichstellung von Männern und Frauen unterstützen soll, indem das Kaskadenmodell bei der Stellenbesetzung angewendet wird. Das vom Wissenschaftsrat entwickelte und auch von der GEW in ihrem Herrschinger Kodex verwendete Kaskadenmodell beruht auf Zielquoten für Wissenschaftlerinnen, bei denen als Bezugsgröße der Anteil von Frauen in der jeweils vorangehenden Qualifikationsstufe zugrunde gelegt wird. Konkreter ist die Verpflichtungserklärung bei der Umwandlung prekärer Beschäftigungsverhältnisse an den Musikhochschulen, an denen die Lehrauftragsquote am Gesamtdeputat auf 27 Prozent zurückgefahren werden soll. 

In der Verpflichtungserklärung des Freistaats Bayern ist von einer Verstetigung von Planstellen im Mittelbau für den Kapazitätserhalt die Rede, die aber lediglich mit einer unbestimmten Erwartung verbunden wird, dass auf den verstetigten Stellen auch mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse begründet werden. Deutlich konkreter fällt die Erklärung bei den Professuren aus. Im Rahmen einer „Hightech Agenda“ sollen 1.000 neue Professuren geschaffen werden, von denen 594 „kapazitätsneutral“ sein sollen, also ohne Lehrverpflichtung. Die verbleibenden 406 sind mit vollem Deputat im Bereich Informatik vorgesehen. Aussagen zu einer Gleichstellungsstrategie bei der Besetzung der neuen Professuren sucht man in der Erklärung vergeblich. Den Übergang vom Hochschulpakt zum Zukunftsvertrag nutzt Bayern gezielt zu einer Verschiebung des Förderschwerpunkts hin zu den MINT-Fächern.

Das Land Berlin, das seine Verpflichtungserklärung unter dem klingenden Titel „Brain City Berlin. Engagiert Exzellent International“ gestellt hat, wiederholt hinsichtlich der beabsichtigten Ausweitung unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse nur das, was längst im Rahmen der Hochschulverträge zwischen Berliner Senat und Hochschulen beschlossen worden ist. Die erklärte Zielquote beträgt 35 Prozent unbefristete Beschäftigung – bezogen auf die Zahl der Vollzeitäquivalente des hauptberuflichen, aus Haushaltsmitteln beschäftigten wissenschaftlichen Personals im akademischen Mittelbau. Darüber hinaus plant Berlin einen Aufwuchs des akademischen Mittelbaus an Fachhochschulen mit 200 zusätzlichen Stellen – dies entspricht rechnerisch einer Viertelstelle je Professur. Auch für diese neuen Stellen soll die 35 Prozent-Quote gelten. Die Gleichstellungsziele bei der Besetzung von Professuren sind im Bundesvergleich ambitioniert: Der Anteil der Professorinnen soll von 32 auf 45 Prozent angehoben, der Anteil der Neuberufungen auf Lebenszeitprofessuren von 43 Prozent auf 50 bis 60 Prozent gesteigert werden.

Das Land Brandenburg besticht durch exponierte Absichtserklärungen ohne konkrete Festlegungen. Brandenburg hat in seine Verpflichtungserklärung als Teilziel den Ausbau von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen aufgenommen. Es bezieht die Professorinnen und Professoren ausdrücklich mit ein und eröffnet die Möglichkeit des kapazitätsneutralen Einsatzes dieser Professuren. Konkrete Zielzahlen oder -quoten – Fehlanzeige! Unter dem Teilziel Gleichstellung ist eine Erhöhung des Frauenanteils beim hauptberuflich tätigen, wissenschaftlichen und künstlerischen Personal unter Bezugnahme auf das Kaskadenmodells in die Verpflichtungserklärung integriert.

Auch die Freie Hansestadt Bremen bleibt weit hinter den beschäftigungspolitischen Möglichkeiten des Zukunftsvertrags zurück. Dennoch gehört Bremen im Vergleich mit den anderen Ländern eindeutig zu den Positivbeispielen, weil es die politischen Entwicklungsziele nicht im Allgemeinen und Vagen belässt. Es gibt eine Zielquote für das unbefristete wissenschaftliche Personal (ohne Drittmittel, inklusive Professorinnen und Professoren), die wie in Thüringen mit 65 Prozent beziffert wird. Damit korrespondiert das Ziel einer deutlichen Senkung und regelmäßigen Überprüfung der Lehrauftragsquote insbesondere an den Fachhochschulen, wobei betont wird, dass das Nähere noch mit den Hochschulen zu klären sei. Die Ziele im Bereich Gleichstellung sind – ausgehend von einem im Ländervergleich hohen Niveau – ebenfalls konkret benannt: Auf 35 Prozent aller Professuren und 50 Prozent aller Neuberufungen sollen Frauen kommen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist eines der Beispiele, an denen die Schwäche des Zukunftsvertrages besonders deutlich wird. Abzulesen ist das an folgendem Satz: „Welche konkreten Maßnahmen die einzelnen Hochschulen hier umsetzen können, um den Anteil dauerhafter Beschäftigung zu erhöhen, muss im Einzelnen mit den Hochschulen festgelegt werden.“ Auch in Bezug auf den Frauenanteil bei den Professorinnen und Professoren (derzeit 29 Prozent) werden keine konkrete Entwicklungsziele benannt. Das Land kündigt außerdem an, die Zuweisung der Mittel aus dem Zukunftsvertrag jährlich vorzunehmen – Planungssicherheit für die Hochschulen geht anders.

Das Land Hessen hat in seinem eigenen Hessischen Hochschulpakt 2021-2025 bereits eine feste Finanzierungsvereinbarung mit den Hochschulen abgeschlossen, in welche die Mittel des Zukunftsvertrags eingepreist sind. Bemerkenswert ist, dass das Land in diesem Rahmen gegenüber den Hochschulen eine jährliche Steigerung von vier Prozent auch für die Zukunftsvertragsmittel übernimmt, die der Bund ja ausgeschlossen hat. Damit wird eine personalpolitische Planungssicherheit für die Hochschulen geschaffen. Bei den Planungen für den Zeitraum des Zukunftsvertrages, der über den Zeitraum des Hessischen Hochschulpaktes hinausgeht, hält sich das Land bedeckt. Auffällig in der hessischen Erklärung ist, dass bei Mittelbaustellen vage von einem möglichen Ausbau von Dauerbeschäftigungsverhältnissen die Rede ist, während – ähnlich wie in Bayern – der geplante Aufwuchs von Professuren mit konkreten Zahlen unterlegt wird: 400 Professuren sollen es zusätzlich sein. Anders als Nordrhein-Westfalen erklärt Hessen die Betreuungsrelation (bisher 1:72) nicht für irrelevant, sondern nimmt sich als Entwicklungsziel vor, diese auf 1:62 zu verbessern.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern übersetzt als einziges Bundesland die Überführung der bisher befristeten Hochschulpaktmittel in unbefristete Zukunftsvertragsmittel unmittelbar in Beschäftigungsverhältnisse: Die „zurzeit noch befristeten hochschulpaktfinanzierten Beschäftigungsverhältnisse in Studium und Lehre werden überall dort, wo dem Grund nach Daueraufgaben zu erledigen sind, verstetigt.“ Das Land will die bisherige Quote des unbefristeten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals in Höhe von 40 Prozent (ohne Drittmittel und Professorinnen und Professoren) weiter steigern. Leider gibt es zwei Haken: Zum einen ist völlig offen, was „dem Grunde nach Daueraufgaben“ sind. Zum anderen muss womöglich jede Entfristung mit einer Verschlechterung der Betreuungsverhältnisse bezahlt werden. „In diesem Zusammenhang ist eine Erhöhung der Lehrverpflichtung angestrebt. Dies gilt insbesondere für den Schwerpunkt Lehrerbildung“, heißt es in Verpflichtungserklärung. Um einen Zuwachs von Professorinnen zu erreichen, sollen mit den Hochschulen Entwicklungsziele vereinbart werden, die bei der Neuberufung das Kaskadenmodell zugrunde legen.

Das Land Niedersachsen demonstriert, dass man sich keine Mühe geben muss, Entwicklungsziele im Bereich Beschäftigungsbedingungen mit komplizierten Worten zu verschleiern, wenn man keine hat. So stellt das Land lapidar fest: „Eine gute Betreuungssituation ist in Niedersachsen vorhanden.“ Ähnlich sieht es bei der Beschreibung der Befristungsquote aus. „Statistisch zeigt sich lediglich ein geringer Anstieg der Befristungsquoten in den vergangenen Jahren.“ Es geht um einen Anstieg von 66,5 Prozent im Jahr 2005 auf 70 Prozent im Jahr 2018 bei den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an allen Hochschulen, was über dem Bundesdurchschnitt liegt. Sogar ein Anteil von 32,5 Prozent Befristung bei Lehrkräften für besondere Aufgaben wird dokumentiert, ohne dass an dieser Stelle Handlungsbedarf festgestellt wird. Wie in Bayern gibt es auch in Niedersachsen lediglich beim geplanten Aufwuchs um 500 Professorinnen und Professoren eine konkretisierte Erwartungshaltung.

Das Land Nordrhein-Westfalen betont schon im ersten Absatz seiner Verpflichtungserklärung „die eigenverantwortliche Gestaltungskraft der nordrhein-westfälischen Hochschulen“. Dies gilt auch für die Beschäftigungsbedingungen. Das Land will erst in der zweiten Jahreshälfte 2020, also nach der am 26. Juni erfolgten Entgegennahme der Verpflichtungserklärung, Berechnungsmethoden für das wissenschaftliche Personal und Festlegungen für die Veränderung des Befristungsanteils ermitteln. Die Verbesserung der im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Betreuungsrelation lehnt das Land als Entwicklungsziel ab, hebt stattdessen auf eine 100-prozentige Kapazitätsauslastung ab und prämiert den Abbau von Überlasten. Besonders augenfällig sind die Mitnahmeeffekte, die das Land unverblümt nutzen möchte – etwa wenn mit den Zukunftsvertragsmitteln der Modernisierungsstau im Hochschulbau unter der Überschrift „Rahmenbedingungen von Studium und Lehre“ aufgelöst oder die längst versprochene Einrichtung eines cloudbasierten Bibliotheksmanagementsystems finanziert werden soll. Positiv zu würdigen ist, dass beim Ausbau von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen eine geschlechtergerechte Verteilung über das Kaskadenmodell vorgenommen werden soll. Einschränkend muss dazu gesagt werden, dass fraglich ist, ob es im Zuge des Zukunftsvertrags überhaupt zu einem Ausbau von Dauerstellen kommen wird. 

Schon in der Präambel der Verpflichtungserklärung des Landes Rheinland-Pfalz ist ein klares Bekenntnis zu mehr Dauerstellen zu finden: „Mit der Entfristung von Stellen an den staatlichen Hochschulen in großem Umfang schafft das Land gute Arbeitsbedingungen und verlässliche Berufsperspektiven“. Diese Aussage wird weiter im Text mit Zahlen unterfüttert. Von insgesamt 140 Millionen Euro, die den Hochschulen aus dem Zukunftsvertrag zur Verfügung stehen, werden 62 Millionen (44,2 Prozent) zur Finanzierung von 750 Dauerstellen für Studium und Lehre und für den unterstützenden Bereich in Technik und Verwaltung zur Verfügung gestellt. Ein weiterer erheblicher Teil der Zukunftsvertragsmittel (43 Millionen Euro) wurde den Hochschulen bereits als Aufstockung der Grundfinanzierung zur Verfügung gestellt. Das Ziel der Erhöhung des Frauenanteils beim hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal ist in den Maßnahmenkatalog eingeflossen, die Orientierung an den Steigerungen der zurückliegenden drei Jahren schafft allerdings kein bemerkenswertes Veränderungspotenzial.

Unter dem Teilziel Erhalt der Lehrkapazität strebt das Saarland an, die Quote der unbefristeten Beschäftigung des gesamten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals von 55,4 Prozent auf 60 Prozent zu erhöhen. 70 weitere wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen an den saarländischen Hochschulen bis 2027 einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Weiterer Erfolgsindikator ist ein Anstieg des hauptberuflichen Personals an den künstlerischen Hochschulen, was einem Abbau der Lehraufträge entspricht. Der selbst diagnostizierte Entwicklungsbedarf bei der geschlechtergerechten Besetzung der Stellen wird nicht konkretisiert.

Der Freistaat Sachsen will im Rahmen des Zukunftsvertrag 800 Stellen für den Ausbau von unbefristeten Stellen für die Lehre schaffen und deren Anteil von 31,2 auf 37,5 Prozent erhöhen. Erfreulich ist auch die klare Ansage, in diesem Kontext in die Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu investieren. Was nicht in der Verpflichtungserklärung nachzulesen ist: Mit der Entfristung ist eine drastische Anhebung der Lehrverpflichtung verbunden. Das hat die GEW Sachsen kritisiert und warnt vor einer Verschlechterung der Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an den Hochschulen.

Nachdem das Land Sachsen-Anhalt aufgrund einer Empfehlung des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 2013 den Anteil der unbefristeten Beschäftigung an den Hochschulen zurückgefahren hat, will sich das Land nun verpflichten, 25 Prozent der Bundesmittel aus dem Zukunftsvertrag – und damit 12,5 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel – in das Teilziel Ausbau der Dauerbeschäftigung zu investieren. Als Bemessungsindikator wird eine Anhebung der Quote von 42,9 auf 45 Prozent (inklusive Professorinnen und Professoren) angegeben. Dies entspricht etwa 100 Stellen auf Basis der Gesamtbeschäftigung im Jahr 2018 und würde bei Erreichung des Ziels nicht einmal den prozentualen Anteil der unbefristeten Beschäftigung im Jahr 2017 (46 Prozent) erreichen, hat die GEW Sachsen-Anhalt berechnet. Insgesamt 27,5 Prozent der gesamten Zukunftsvertragsmittel können die Hochschulen autonom im Rahmen der Teilziele „Verbesserung der lehrbezogenen Infrastruktur“ und „Steigerung der Lehrqualität“ einsetzen, dabei explizit auch für den Erhalt der baulich-technischen Infrastruktur – auch das ein klassischer Mitnahmeeffekt.

Das Land Schleswig-Holstein hat das Teilziel „Erhöhung des Anteils des unbefristet beschäftigten Personals in der Lehre“ in seine Verpflichtungserklärung aufgenommen. Konkret bedeutet das aber nicht mehr, als dass sich der Anteil des unbefristeten wissenschaftlichen Personals bis 2027 von derzeit 31,8 Prozent dem Bundesdurchschnitt von 33,3 Prozent „nähert und nicht absinkt“. Das entspricht in Zahlen 45 zusätzlichen Dauerstellen für die neun Hochschulen des Lands im Laufe von sieben Jahren – ohne verbindliche Verpflichtung. 

Der Freistaat Thüringen gehört zu den positiven Beispielen, die die Erhöhung der Dauerbeschäftigung als Teilziel in ihre Verpflichtungserklärung aufgenommen und zugleich beziffert haben: Um mindestens 300 will das Land die Zahl der Dauerbeschäftigungsverhältnisse im wissenschaftlichen Personal bis zum Jahr 2027 erhöhen und die Quote unbefristeter Beschäftigter in diesem Bereich von derzeit 58 auf mindestens 65 Prozent steigern. Auch die angestrebte Erhöhung des Professorinnenanteils ist konkret beziffert mit einer Anhebung von 19,6 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2027.

GEW-Hochschulexperte Keller fragt sich, wie ernst das BMBF eigentlich seine Aufgabe genommen hat, die Verpflichtungserklärungen zu prüfen und darauf zu pochen, dass der Zukunftsvertrag nach Geist und Buchstaben der Verwaltungsvereinbarung umgesetzt wird. „Was hat man in Bonn und Berlin gesagt, als Hannover meldete, dass der – unterdurchschnittliche – Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse an den niedersächsischen Hochschulen im ausdrücklichen Widerspruch zur Verwaltungsvereinbarung nicht erhöht, sondern gehalten werden soll? Was hat man Düsseldorf erwidert, als es hieß, Nordrhein-Westfalen habe zwar eine traditionell unterdurchschnittliche Betreuungsrelation, aber daran sei nichts zu ändern, weil die Kategorie letztlich irrelevant sei?“

Bunter Flickenteppich

Der Vergleich zwischen den Verpflichtungserklärungen fällt schwer, denn die Länder durften nicht nur ihre Ziele und Maßnahmen, sondern auch die Kriterien und Bezugsgrößen für ihre Entwicklungsziele selbst formulieren. So liegt ein bunter Flickenteppich sehr unterschiedlich gestalteter Verpflichtungserklärungen vor. „Die Ergebnisse der Bund-Länder-Verhandlungen zum Zukunftsvertrag sind enttäuschend. Doch noch ist nicht alles verloren. Die Landesverbände der GEW sowie ihre Mitglieder in den akademischen Selbstverwaltungsorganen der GEW werden die Verpflichtungserklärungen sorgfältig analysieren und vor Ort Druck machen, damit das Beste aus den Papieren herausgeholt wird. Das lohnt sich für jede einzelne Dauerstelle, die an einer Hochschule erkämpft werden kann“, sagt Keller und lädt interessierte Studierenden und Hochschulbeschäftigte zum Engagement in der Bildungsgewerkschaft ein.