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Gastkommentar

An der Kapazitätsgrenze

Das Fachschulsystem für Kita-Fachkräfte ist an seine Grenzen gestoßen: Es fehlt an Lehrkräften. Erst in jüngster Zeit ist es zu einem Ausbau gekommen. Für die Kitas kommt dieser Ausbau jedoch spät - während der Fachkräftebedarf hoch bleibt.

Kirsten Fuchs-Rechlin (Foto: WiFF – Astrid Klammt)

Kindertageseinrichtungen haben – flankiert durch die schrittweise Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz – einen enormen Aufwuchs erfahren. Heute besuchen laut Statistischem Bundesamt 93 Prozent der Kinder zwischen drei und sechs Jahren und 63 Prozent der Zweijährigen eine Kita. Das pädagogische Personal hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt – und zwar auf 646.945 Menschen.

Diese Entwicklung war nur möglich durch den massiven Ausbau der Ausbildungskapazitäten bei den Fachschulen, aus denen sich das Gros des Personals speist. So lassen sich bei den Fachschulen vergleichbar hohe Zuwächse beobachten wie bei den Kitas: Im Schuljahr 2016/2017 verließen 32.074 Absolventinnen und Absolventen diese Schulen mit einem Abschluss als Erzieherin bzw. Erzieher. Zehn Jahre zuvor waren es noch 17.742 Menschen; dies entspricht einem prozentualen Anstieg von 80 Prozent.

Alles in allem verhält sich die Kita – insbesondere im Vergleich zu anderen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe – „sperrig“ gegenüber einer Akademisierung.

An den Berufsfachschulen und Hochschulen, die ebenfalls einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs leisten, sind die Kapazitäten deutlich kleiner. Die Berufsfachschulen haben laut Fachkräftebarometer (FKB) Frühe Bildung 2019 zuletzt 5.415 Menschen in der Kinderpflege und 15.087 Menschen in der Sozialassistenz ausgebildet. Zum Teil ist mit diesen Ausbildungen jedoch keine Berufsberechtigung verbunden, sie fungieren lediglich als Vorstufe für die Fachschule. Zählt man die Absolventinnen und Absolventen der einschlägigen Hochschulstudiengänge dazu, kommt man zwar auf immerhin 26.133 Menschen, allerdings landet – mit Ausnahme der Kindheitspädagoginnen und -pädagogen – nur ein Bruchteil dieser Personen in der Kita.

Mit Blick auf die Kindheitspädagogik liegen die Ausbildungskapazitäten – trotz erheblicher Zuwächse – bei gerade einmal 2.410 Menschen. Alles in allem verhält sich die Kita – insbesondere im Vergleich zu anderen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe – „sperrig“ gegenüber einer Akademisierung. Dies mag sowohl auf Seiten des Kita-Systems als auch bei den Absolventinnen und Absolventen viele Gründe haben, seien es die bislang eher homogene Qualifikationsstruktur, das Einkommen oder die – häufig als begrenzt bewerteten – beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.

Für die Kitas kommt dieser Ausbau reichlich spät, denn der Zenit dürfte mit Blick auf die demografische Entwicklung bei den Kindern, die jünger als sechs Jahre sind, zumindest in einigen Regionen bereits erreicht sein.

Doch mittlerweile ist auch das Fachschulsystem an seine Grenzen gestoßen. Es fehlt schlicht und ergreifend an Lehrkräften. Die „Ausbildung der Ausbilder“ ist nicht im gleichen Maße mitgewachsen. Es gibt bundesweit nur sechs Hochschulen mit einem einschlägigen Studiengang. Erst in jüngster Zeit ist es zu einem Ausbau gekommen. Einzelne Standorte erhöhen ihre Kapazitäten und zwei Standorte sind neu hinzugekommen. Es wird allerdings noch einige Zeit dauern, bis die Fachschulen davon profitieren. Insgesamt gibt es wenig systematisches Wissen darüber, wie sich die Bedarfe an den Schulen einerseits und die Zugangswege von Lehrkräften andererseits gestalten.

Für die Kitas kommt dieser Ausbau reichlich spät, denn der Zenit dürfte mit Blick auf die demografische Entwicklung bei den Kindern, die jünger als sechs Jahre sind, zumindest in einigen Regionen bereits erreicht sein. Der Fachkräftebedarf bleibt aber angesichts des bevorstehenden Ausbaus der Ganztagsbetreuung an Grundschulen hoch. Zu wünschen wäre in jedem Fall, dass das Mehr an Lehrkräften auch der Qualität der Ausbildung zugute kommt, denn höhere Kapazitäten sind nicht zuletzt durch größere Klassen an den Fachschulen erreicht worden.