Third Mission
Aller guten Dinge...
Neben Forschung und Lehre haben die Hochschulen eine dritte Aufgabe: den Austausch mit dem außerwissenschaftlichen Betrieb. Diese „Third Mission“ wird immer wichtiger – auch für die Gewerkschaften.
Follow the science! Mit dieser Forderung kämpft die Protestbewegung Fridays for Future seit gut drei Jahren für mehr Klimaschutz. Hört auf das, was die Wissenschaft sagt! Für die Klimawissenschaft ist das ein Glücksfall. Sie sucht seit langem den Dialog mit Öffentlichkeit und Politik, legt regelmäßig (und mit ehrenamtlicher Arbeit) Berichte zum Erkenntnisstand in ihrem Fachgebiet vor, Forscherinnen und Forscher treten auf Veranstaltungen auf, geben Interviews, schreiben Artikel in auflagenstarken Medien, formulieren Empfehlungen für Lösungsansätze. Lange fand dies kaum Resonanz.
Erst durch Fridays for Future – und unterstützt durch die Scientists for Future – hat sich das geändert. Ein gesellschaftliches Umdenken hat eingesetzt. Damit ist die Klimakrise zwar noch nicht gelöst. Doch es wurden die Voraussetzungen geschaffen, damit dies möglich wird. Ähnliches ließ sich bei der Corona-Pandemie beobachten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, bis dato der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, waren mit ihrer Expertise in den Medien gefragt und wichtige Ratgeberinnen und Ratgeber für die Politik.
Verzahnung von Wissenschaft und Praxis
Die Beispiele zeigen, wie viel ein guter, wechselseitiger Austausch zwischen akademischer und nicht-akademischer Welt bewirken kann. Potenziale können so erschlossen werden, die beide Seiten allein nicht hätten anzapfen können. Dieses Verständnis setzt sich immer mehr durch. Der Fachbegriff lautet „Third Mission“. Gemeint ist damit, dass die Hochschulen neben ihren „Kernmissionen“ Forschung und Lehre eine dritte Aufgabe haben: die Verzahnung von Wissenschaft und Praxis, um Innovationen anzustoßen und gesellschaftliche Probleme besser zu bewältigen.
„Im 21. Jahrhundert gehören Wissens- und Technologietransfer, regionales Engagement, Weiterbildungsangebote oder auch soziale Innovationen gleichermaßen zur akademischen Tagesordnung“, stellt das Centrum für Hochschulentwicklung fest. Die Hochschulrektorenkonferenz sieht „Transfer und Kooperation“ als zentrale Aufgabe der Hochschulen. Der Wissenschaftsrat fordert „professionelle Unterstützungsstrukturen für Austausch und Kooperation“. Auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung taucht das Thema auf. Geplant ist die Gründung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation.
Kooperationsprojekte der GEW
Auch die Gewerkschaften sind in diesem Bereich aktiv. Seit langem gibt es Kooperationsstellen an Hochschulen, die Wissenschaft und Arbeitswelt unter dem Motto „Wir vernetzen Theorie und Praxis“ zusammenbringen. Bundesweit gibt es derzeit 14 Stellen. „Davon profitieren alle Beteiligten“, heißt es in einem Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Kooperationsstellen. „Arbeitnehmer/innen, Betriebsräte und Gewerkschaften gewinnen erweitertes Wissen über innovative Handlungsansätze. Für Wissenschaftler/innen, Institute und Hochschulen eröffnen sich neue Perspektiven in Forschung und Lehre. Studierenden wird ein praxisnaher Zugang zur Arbeitswelt ermöglicht.“
Auch die GEW startet Kooperationsprojekte. Zu ihren jüngsten Projekten gemeinsam mit Kooperationsstellen gehörte 2020 eine Studie zur Arbeitszeit und -belastung von Lehrkräften an Frankfurter Schulen. Im Vorfeld gab es viele Versammlungen, Lehrerinnen und Lehrer wurden vorab aktiv eingebunden, so dass die Beteiligung der Schulen und Lehrkräfte an der Erhebung bemerkenswert hoch war. Die Ergebnisse der Studie, die eine systematische und gesundheitsgefährdende Überlastung ergab, sind folglich besonders aussagekräftig (s. E&W 11/2020). Und der Austausch im Sinne der „Third Mission“ ging weiter: Mit Verweis auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse forderte die GEW nach Veröffentlichung der Studie mit bundesweiten Aktionen bessere Arbeitsbedingungen.