- Hedwig Schulte, 64, Integrationslehrerin, Düsseldorf:
„Ich unterrichte seit 2006 in Integrationskursen. Damals kamen vor allem Russlanddeutsche und Polen. Inzwischen sind die Stunden mit 35 Euro – abzüglich Renten- und Krankenversicherung – im Vergleich zur Anfangszeit einigermaßen gut bezahlt. Trotzdem muss ich, um davon leben zu können, im Jahr 1.300 bis 1.700 Stunden geben, pro Woche meist 35 Stunden. Weil ich einen Kurs fünf Stunden am Stück unterrichte, ist die Vorbereitungszeit zum Glück nicht allzu zeitaufwendig.
Was mir fehlt? Ein regelmäßiger Austausch mit Kollegen und eine vernünftige Phonetikausbildung. Viele Kursteilnehmer können sich nur mühsam verständlich machen. Weil die Herkunftssprachen andere Laute verwenden, fällt es vielen zum Beispiel schwer, ein ‚langes A‘ zu bilden. ‚Straße‘ klingt dann wie ‚Strasse‘, aus ‚haben‘ wird ‚habben‘, oft sind die Menschen kaum zu verstehen. Das führt zu Frust. Es gibt für die Aussprache hervorragende Fortbildungen bei Schauspiellehrkräften oder Logopäden. Nur sie werden uns nicht bezahlt.
Insgesamt sind die Lehrbücher zu grammatiklastig. Viele finden das sogar gut, denn daran können sie sich festhalten. Doch dieser Zugang funktioniert nur für jene, die sich in ihrer Muttersprache schon mit der Sprachstruktur auseinandersetzt haben. Das größte Problem: Vielen fällt es schwer, auf Menschen zuzugehen und einfach drauflos zu sprechen. Dazu braucht es eine innere Bereitschaft. Bei mir im Unterricht üben sie deshalb so häufig wie möglich Dialoge. Letztlich kommt es doch auf die Alltagsverständigung an. Ich bin nach einem Integrationskurs zufrieden, wenn die Teilnehmenden sorglos mit Einheimischen ins Gespräch kommen, vielleicht einen einfachen Job annehmen können und eine Perspektive sehen, irgendwann in ihrem Beruf zu arbeiten.“