- Was verrät die Besetzung von Schulleitungen über den Stand von Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit im Schulbereich?
Eine ganze Menge zeigt sich da. Da ist zum einen die Frage: Werden Schulleiterinnen und Schulleiter ausreichend von ihrer Unterrichtsverpflichtung entlastet, um ihre Leitungstätigkeit auszuüben und werden sie auch gut dafür bezahlt, dass sie Leitungsverantwortung übernehmen. Hier zeigt sich eine geschlechterpolitische Schieflage: Die Schulform, an der der Frauenanteil unter den Lehrkräften besonders hoch ist, die Grundschule, hat die schlechtesten Bedingungen für Schulleitungskräfte. Erst nach und nach steuern einzelne Landesregierungen gegen, befördern Schulleiterinnen und Schulleiter nach Besoldungsgruppe A 14 statt nur eine Zulage zu zahlen, und reduzieren die Unterrichtsverpflichtung.
- Wie können mehr Frauen im Bildungsbereich in Führungspositionen kommen?
Wie so häufig bei Geschlechterfragen geht es um die Rollenvorstellungen, die wir alle mehr oder weniger bewusst mit uns herumtragen. Direkt diskriminierendes Verhalten gibt es selten. Allerdings passiert es öfter, dass zum Beispiel die vorhandenen Möglichkeiten für Teilzeit oder Job-Sharing bei denjenigen, die über die Besetzung von Schulleitungsstellen entscheiden, nicht bekannt sind. Das bringt Bewerberinnen in eine unschöne Situation. Außerdem geht es nach wie vor darum, wer spricht wen an, ermutigt sie oder ihn, sich zu bewerben. Und da werden Mütter mit Kleinkindern zum Beispiel seltener motiviert.
„Frauen gelingt es nicht in gleichem Maße, aufzusteigen, herausgehobene und besser bezahlte Funktionen zu übernehmen.“ (Frauke Gützkow)
- Gibt es konkrete Zahlen zur Geschlechterverteilung bei der Besetzung von Schulleitungen?
Angesichts der Vielfalt der Schulformen in den Bundesländern ist es schwer, einen differenzierten Überblick aus den Daten des statistischen Bundesamtes herauszufiltern. Wenn wir in die Besoldungsstatistiken schauen, stellen wir allerdings fest, dass der Männeranteil in den oberen Gehaltsgruppen, in denen für Leitungskräfte (Schulleitung und Stellvertretung aber auch Fach- oder Stufenleitung) meist höher liegt als in denen, nach denen Lehrkräfte bezahlt werden. Das heißt, Frauen gelingt es nicht in gleichem Maße, aufzusteigen, herausgehobene und besser bezahlte Funktionen zu übernehmen.
- Warum müssen insbesondere auch Teilzeitkräfte gestärkt werden, welche besonderen Probleme zeigen sich in dieser Beschäftigtengruppe?
Teilzeit heißt in der Praxis, die Unterrichtsverpflichtung wird reduziert. Lehrkräfte haben aber auch außerhalb des Unterrichts und der Unterrichtsvorbereitung viel um die Ohren - Konferenzen, Aufsichten, Zeugnisse schreiben, Elternarbeit, Klassenfahrten. Und all das wird nicht entsprechend reduziert. Das Gehalt bemisst sich danach, wie viel unterrichtet wird, und das führt dazu, dass Teilzeitkräfte zu viel arbeiten müssen für ihr Geld. Arbeitszeit ist ein Riesenthema an Schulen: Arbeitsverdichtung, zusätzliche Anforderungen, pädagogische Herausforderungen, ständige Erreichbarkeit machen es den Kolleginnen und Kollegen sehr schwer, gesund durch den Tag und die Arbeitswoche zu kommen. Diese Zusammenhänge sind in der niedersächsischen Arbeitszeitstudie sehr gut herausgearbeitet worden. Die Studie hat einen weiteren Aspekt der Teilzeitarbeit in den Blick gerückt: Viele Kolleginnen und Kollegen reduzieren ihre Unterrichtsverpflichtung, um dem Beruf noch gewachsen zu sein, um die Qualität liefern zu können, die sie für erforderlich halten.