3.10 Schulische Didaktik für die „Bildung in der Digitalen Welt“ professionalisieren
Die GEW fordert die Entwicklung einer wissenschaftlich fundierten „Didaktik für die Bildung in der Digitalen Welt“.
Die GEW setzt sich auf der Bundesebene – in der KMK – und auf Ebene der Bundesländer dafür ein, dass eine wissenschaftlich fundierte „Didaktik für die Bildung in der Digitalen Welt“ entwickelt bzw. weiterentwickelt wird. Diese muss im Sinne der Professionalisierung des Lehrkräfteberufes für die Bestandskollegien, in den Ausbildungsseminaren für Anwärter*innen und den Universitäten – und damit in allen Phasen der staatlich verantworteten Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften – fest implementiert werden.
Gegenstand und Leitfragen einer „Didaktik für die Bildung in der Digitalen Welt“ sollten zumindest sein:
- Begriffsklärungen
Was steht hinter den Bezeichnungen Flipped Classroom, Blended learning, Hybridunterricht, Distanzunterricht? Wie sind die einzelnen Konzepte voneinander abgegrenzt bzw. wie ergänzen sie sich? Welche Vor- und Nachteile bieten die einzelnen Konzepte für Lernende und Unterrichtende? Welche Voraussetzungen (nicht nur technische Ausstattung) erfordern diese Konzepte? Wie setzt man diese Konzepte im Einzelnen adäquat und zielführend um? - Vermittlungsperspektive
Individualisierung, Binnendifferenzierung, Diskurs und Präsenzunterricht – was ist wann die adäquate Herangehensweise? Welche Unterschiede bestehen zwischen persönlicher (face-to-face) Kommunikation und der durch digitale Medien und welche Auswirkungen hat dieser Unterschied auf den Lehr- und Lernerfolg? - Fächerbezug
Inwieweit ist eine Verschränkung mit der Fachdidaktik der einzelnen Unterrichtsfächer möglich? - Lernperspektive
Was ist mit der „digitalen Vermittlung“ von Lerninhalten für die Schüler*innen gemeint? Was bedeutet sie für das Lernen der Lernenden? Wann ist Lernen individuell nötig und möglich, wann ist der Austausch in der Lerngruppe zentral? - Medienauswahl
Wie kann der Einsatz digitaler Medien methodisch-didaktisch begründet werden, sodass sie nicht zum Selbstzweck im Unterricht und beim Lernen werden? Welches Medium (analog – digital) ist wann angemessen und zweckmäßig für die Vermittlung fachspezifischer Inhalte? Wo liegen Grenzen (einzelner) digitaler Medien bei der Vermittlung von Lerninhalten? Was ermöglichen digitale Medien bei der Vermittlung von Lerninhalten, das analoge Medien nicht leisten? - Lerngruppenorientierung
In welcher Jahrgangsstufe ist welcher Medieneinsatz altersangemessen möglich? Welche privaten Mediennutzungsroutinen müssen didaktisch-methodisch neu reflektiert werden? Welcher Grad kritischer Medienkompetenz kann vorausgesetzt, welcher muss begleitend erworben werden? - Leistungsermittlung und -bewertung
Wie und nach welchen Kriterien soll und kann Leistungsermittlung sowie -bewertung im Rahmen von digitalisiertem Unterricht erfolgen? - Raumkonzepte
Wie müssen Räume neu gestaltet werden? Welche Räume dienen welchem Zweck: Austausch und Zusammenarbeit, „Heimlerntage“, Arbeitsräume in der Schule, „Bibliotheken“, außerschulisches Wirksamwerden, neu strukturierter „Klassen“-Raum? - Zeitkonzepte
Welches Verhältnis von gemeinsamem Unterricht in der (Teil-)Lerngruppe und individualisierten Trainingsphasen ist sinnvoll: „Studientage, Trainingsstunden“, Dalton-Zeit, Fächerübergriff und Projektlernen über längere Zeiträume, Rhythmisierung neu denken (Schultag, Schulwoche, Schuljahr)? Welche dieser Phasen kann wie digital gestützt werden? - Arbeitszeitgestaltung
Wie viel individuelle Rückmeldung an die Lernenden ist möglich und nötig? Wie viel an die Erziehungsberechtigten? In welchem Umfang wird die Rückmeldung an die Lehrenden erwartet? Wie grenzt man die „ständige Erreichbarkeit“ beider Seiten ein? Wie kann eine unzulässige Arbeitszeitkontrolle an dieser Stelle verhindert werden? Welche Strukturen sind hierfür sinnvoll?
Besonders im Rahmen von Fort- und Weiterbildung und Schulentwicklung sind den Schulen und den Kolleg*innen die erforderliche Zeit sowie personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die Professionalisierung kann nicht „nebenbei“ und „on top“ erfolgen. Der Wissenstransfer aus den Universitäten ist hierbei genauso wichtig wie eine Vernetzung zwischen den Schulen und ein Ausprobieren, Diskutieren und Trainieren an der Schule mit allen Beteiligten.