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1.07 Es gibt keine Arbeit auf einem toten Planeten – für ein lebendiges Klima in Lehre und Forschung

Klimaschutz und -anpassung gehen nur im Einklang mit guter Arbeit und sozialer Gerechtigkeit.

Klimaschutz und -anpassung gehen nur im Einklang mit guter Arbeit und sozialer Gerechtigkeit! Wir können im Wissenschaftsbereich nicht die Augen vor der Klimakrise verschließen. Einige Hochschulen und Forschungsinstitute sind in verschiedenen Bereichen des Klimaschutzes und der -anpassung sowie der Nachhaltigkeit aktiv, aber für eine umfassende Transition zur Anpassung an den Klimawandel fehlt es nach wie vor an Konzepten. Wir als GEW müssen dabei konkret den Studien- und Arbeitsraum an den Hochschulen und Forschungsinstituten betrachten. Die Aufgabe der GEW ist es, auf nachhaltige Lehre und Forschung im Sinne von Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie entsprechende Studienbedingungen hinzuwirken.

Hochschulen und Forschungsinstitute müssen hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen. Dazu gehört die Integration von Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit in Forschung und Lehre, aber auch die Umsetzung von konkreten Maßnahmen im Lehr- und Arbeitsalltag. Das Leben von allen Menschen zu schützen ist unsere drängendste und wichtigste Aufgabe. Denn: Es gibt keine Arbeitsplätze auf einem toten Planeten. Wir sehen besonderen Handlungsbedarf in den folgenden Bereichen, die nicht singulär betrachtet werden können und nicht ausschließlich sind:

1) GEW als Kämpferin für sozial-ökologische Transformation

Im Kontext von internationaler gewerkschaftlicher Solidarität ist es auch Aufgabe der GEW, sich in Debatten zu alternativer Wirtschaftspolitik und über die Abkehr vom Wachstumsparadigma des Kapitalismus (Degrowth) in Bezug auf alle Bildungsbereiche einzubringen. Dabei setzt die GEW auf die Expertise von Wissenschaftler*innen, Klimaaktivist*innen und Betroffenen.

Die GEW setzt sich für eine Förderung von Forschung und Lehre zu den Themen sozial-ökologische Transformation, Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung sowie Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels ein. Diese Themen müssen Bestandteil und Ausgangspunkt von Lehre und Forschung in allen Fachgebieten sein. Dabei ist vor allem auf staatliche und nicht privatwirtschaftliche Förderung zu setzen.

Die GEW fordert die Bundesregierung auf, weiterhin finanzielle Mittel für sozial-ökologische Zwecke, Klimaschutz und -anpassung, die Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung sowie die Aufrechterhaltung von Biodiversität und andere wichtige Bereiche zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel sollen zudem aufgestockt werden. Ferner soll die Bundesregierung darauf hinwirken, dass auch mehr EU- und internationale Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass bestehende Mechanismen und Instrumente nicht nur von außen „grün“ sind und somit kein Greenwashing praktiziert wird. Auch soziale Gerechtigkeit muss immanenter Bestandteil einer sozial-ökologischen Transformation sein.

2) Nachhaltiger Arbeitsplatz

Alle Dienst-, Konferenz- und Forschungsreisen sowie Exkursionen müssen nach ökologischen Aspekten gestaltet werden. Das bedeutet konkret, dass in der Regel der öffentliche Personennah- und -fernverkehr zu nutzen ist und auch nur die Kosten für diesen (auch bei PKW-Fahrten) erstattet werden. Bis 1.000 Kilometer oder 12 Stunden Reisezeit darf grundsätzlich kein Flugzeug genutzt werden. Bei nicht abwendbaren Flugreisen müssen CO2-Kompensationsleistungen gezahlt werden. Hierfür müssen Gelder von den Landesregierungen und Drittmittelgebern grundsätzlich zur Verfügung gestellt werden.

Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement, nicht nur hinsichtlich des Reisens, muss Bestandteil aller Hochschulen und Forschungsinstitute werden. Dieses berücksichtigt nachhaltige Parameter bspw. bei Reise- und Verpflegungskosten: Dazu gehört u. a. die CO2-Neutralität bzw. -Kompensation. Die GEW-Landesverbände wirken auf die Bundesländer ein, die noch keine Klimaabgabe für Flugreisen haben.

Die GEW setzt sich dafür ein, dass die Beschäftigten an Hochschulen und Forschungsinstituten Zugang zu Jobtickets für Nahverkehrsangebote erhalten. Idealerweise wird nicht nur für die Beschäftigten und Studierenden ein kostenloses Ticket bundesweit zur Verfügung gestellt, sondern ein genereller kostenloser Nahverkehr eingeführt.

Neben den Kompensationen muss in den Reisekostengesetzen die Nachhaltigkeit vor der Wirtschaftlichkeit stehen. Hierfür wirkt die GEW über den DGB bei der Überprüfung der Bundes- und Landesreisekostengesetze mit.

Personal- und Betriebsräte sollen in Fragen von Nachhaltigkeit und Umwelt mitbestimmen. Hierfür müssen das Betriebsverfassungsgesetz sowie die Personalvertretungsgesetze von Bund und allen Ländern den rechtlichen Rahmen schaffen. Die GEW-Landesverbände wirken bei Novellierungen darauf hin, dass dieses Thema mitbestimmungspflichtig wird. Darüber hinaus empfiehlt die GEW, Vereinbarungen zum nachhaltigen Arbeitsplatz in Betracht zu ziehen. Dies betrifft neben den Personalvertretungsgremien auch studentische Vertretungsorgane wie Vertretungen von Personengruppen.

In Zukunft sollen auch ökologische Aspekte bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen beachtet werden. Mobiles Arbeiten und Home-Office/Telearbeitsplätze sollen unter der Berücksichtigung von Arbeits-, Gesundheits- und Klimaschutz ausgebaut werden. Dabei ist zu beachten, dass digitale Präsenz nicht automatisch nachhaltig ist und es Konzepte für digitale Lehre und digitale Führungsaufgaben geben muss.

Auch die bereitgestellte digitale Infrastruktur muss sich an einer nachhaltigen Nutzung von Ressourcen orientieren. Das bedeutet die Reduktion von Ressourcenverbrauch (z. B. Seltene Erden, Papier, Reparatur vor Neugeräten) durch optimierte analoge und digitale Prozesse.

Um negative Konsequenzen der Digitalisierung in den Bildungsbereichen aufzufangen, beteiligen sich alle Ebenen der GEW an einem Diskurs für Lösungsansätze für eine nachhaltigere und gerechtere Produktionsweise.

3) Materielle Infrastruktur an Hochschulen und Forschungsinstituten

Für gute Arbeits- und Studienbedingungen braucht es ein ökologisches Gebäudemanagement, das das Wissen, die Ressourcen und Möglichkeit hat, bestehende Gebäude an die neuen Klimabedingungen anzupassen. Parallel müssen bei Neubauten die Klimabedingungen von Beginn an mitgedacht werden. Daher muss nicht das kostengünstigste, sondern das nachhaltigste Konzept bei Vergaben zum Tragen kommen. Bei den Infrastrukturmaßnahmen steht der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten und Studierenden im Mittelpunkt. Die GEW setzt sich auf Bundesebene dafür ein, dass mehr finanzielle Mittel für Klimaschutz und -anpassung bei der gesamten baulichen Ausstattung von Hochschulen und Forschungsinstituten zur Verfügung stehen. Nur so können die Arbeits-, Lern- und Lehrbedingungen zukunftssicher gestaltet werden. Langfristig setzt sich die GEW für einen klimaneutralen Campus und eine CO2-neutrale Verwaltung, Lehre, Studium und Forschung ein.

Die GEW setzt sich für klimafreundliche Mensen und Kantinen ein, die ausreichende vegane und vegetarische Optionen, Bio-, saisonale und regionale Erzeugnisse sowie ökologische Mitnahmebehälter anbieten. Diese meist teureren Essensstandards dürfen nicht zu Lasten der Studierenden und auch Beschäftigten gehen – das heißt, die Mehrausgaben sind den Studierendenwerken und Kantinen durch öffentliche Mittel zu erstatten, damit sich Studierende und Beschäftigte das Essen weiterhin leisten können.

Die GEW fordert, die bauliche Infrastruktur an die aktuelle Entwicklung der Klimakrise anzupassen: Hierbei sind die Kriterien Klimaneutralität und -anpassung, Nachhaltigkeit, Biodiversität, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Förderung der Kreativität von Lehrenden und Lernenden sowie die jeweils neuesten wissenschaftlichen Standards zu berücksichtigen.