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Steinbacher Appell: Gute Arbeit am Goethe-Institut

Im April 2014 trafen sich auf Einladung der GEW rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Steinbach am Taunus, um über die „zukünftige Arbeitswelt am Goethe-Institut weltweit“ zu diskutieren. Aus den Ergebnissen der Tagung hat der Arbeitsgruppenvorstand der GEW beim Goethe-Institut den folgenden Appell entwickelt, der die Anforderungen der Beschäftigten an die zukünftige Arbeitswelt auf den Punkt bringt. Auf einer weiteren GEW-Konferenz 2022, bei der es um die neuen Herausforderungen durch Digitalisierung und mobiles Arbeiten ging, entwickelte die AG Goethe-Institut diese Thesen weiter. Sie skizzieren Elemente einer zukünftigen Arbeitswelt aus Sicht der Beschäftigten und dienen als Richtschnur für die Arbeit der AG Goethe in der GEW.

1. Planbare Berufsperspektiven schaffen

Beschäftigte haben Anspruch – unabhängig vom Arbeitsort – auf ein Gehalt, von dem man leben kann, und auf eine umfassende soziale Absicherung durch den Arbeitgeber. Stabile Beschäftigungsbedingungen mit unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnissen sollten daher die Regel sein, nicht die Ausnahme.

2. Aufgabengerechte Personalstruktur gewährleisten

Die Linienaufgaben des Goethe-Instituts definieren die Kernbereiche seiner Arbeit. Diese müssen mit festen Stellen ausgestattet sein. Dies gilt für die Sprach- und Programmarbeit ebenso wie für die Bibliothek und die Verwaltung. Viele Kolleg*innen übernehmen Aufgaben und Verantwortlichkeiten, für die sie weder angemessen qualifiziert noch bezahlt werden. Grundlage für eine aufgabengerechte Personalstruktur ist eine vorausschauende Personal- und Personalbedarfsplanung.

3. Arbeitsverdichtung und Entgrenzung entgegenwirken

Transformationsprozesse in der Arbeitswelt führen auch im Goethe-Institut in zunehmendem Maße zu Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit. Auf der einen Seite ermöglicht digitales Arbeiten eine flexiblere Gestaltung der eigenen Arbeitszeit im Hinblick auf Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf, auf der anderen Seite birgt sie die Gefahr von entgrenzten Arbeitszeiten, ständiger Erreichbarkeit, Arbeitsverdichtung und starkem Termin- und Leistungsdruck. Das Goethe-Institut muss zu einer Arbeitskultur gelangen, die den Wert von freier Zeit und Freizeit für eine ausgeglichene Arbeits- und Lebenszeit aller Mitarbeiter/innen anerkennt und fördert.

4. Honorarlehrkräfte angemessen bezahlen und sozial absichern

Das Goethe-Institut beschäftigt im Inland wie im Ausland weiterhin eine große Zahl von Honorarlehrkräften. Dabei handelt es sich überwiegend um prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Dort wo diese Beschäftigten regelmäßig Aufgaben wahrnehmen, müssen sie sozialversichert beschäftigt werden. Solange und insoweit das Goethe-Institut weiterhin Honorarlehrkräfte einsetzt, sind deren Arbeitsbedingungen fair und angemessen zur gestalten – das geht am besten per Tarifvertrag mit der GEW.

5. Partizipation der Mitarbeiter*innen

Die Interessenvertretung aller Arbeitnehmer*innen ist ein Grund- und Menschenrecht und gute Arbeitsbedingungen können nur mit einer starken Interessenvertretung für alle Beschäftigtengruppen dauerhaft gesichert werden. Im Goethe-Institut gibt es betriebliche und gewerkschaftliche Vertretungen von Arbeitnehmer*inneninteressen. Diese enthalten viele Möglichkeiten der aktiven Mitgestaltung. Gute Arbeit – Das Gebot ist engagierte Partizipation.

6. Hohe Qualität der Arbeit sichern

Eine hohe Qualität der Arbeit lässt sich angesichts der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens nur als dauerhafter Prozess sichern, in dem alle Beschäftigten einen Anspruch auf regelmäßige Fortbildung haben. Für die Fortbildung muss ein jährliches Kontingent an Arbeitsstunden zur Verfügung gestellt werden.  

Laufbahnen, Nachwuchs- und Qualifizierungsprogramme müssen allen Beschäftigten des Goethe-Instituts offenstehen, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus. Auswahlentscheidungen sind transparent zu treffen. Neue Aufgaben und Arbeitsanforderungen sollen sich in einer angemessenen (Höher-)Bewertung der Tätigkeit niederschlagen.

7. Arbeitsbedingungen umfassend tariflich regeln

Gute Arbeit lässt sich vor allem durch kollektiv ausgehandelte Normen gestalten. Nur Tarifverträge, die die Arbeitsbedingungen aller Beschäftigtengruppen umfassen, können tatsächlich faire und gleiche Verhältnisse garantieren. Sofern die Beschäftigungsbedingungen nach Landesrecht ausgestaltet und verhandelt werden, muss das Goethe-Institut sich an den eigenen gehobenen Standards orientieren. Tariffreie Zonen darf es am Goethe-Institut nicht geben.

In vielen Fällen wird gleiche Arbeit beim Goethe-Institut unterschiedlich bezahlt. Um diese Absurditäten zu beenden, sind die Regelungen im Tarifvertrag umzusetzen und bei Bedarf zu aktualisieren.

8. Vereinbarkeit der Arbeit mit allen Lebenslagen verbessern

Gute Arbeit soll grundsätzlich allen Menschen in allen denkbaren Lebenslagen zugänglich sein. Das umfasst neben der Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf und der geschlechtlichen Gleichstellung auch die Weiterentwicklung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), der Schwerbehindertenvertretung und altersgerechter Arbeitsbedingungen.

Jedoch sind die vorhandenen gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen zur Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf für die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen und unterschiedlichen Lebenslagen weiter auszubauen.

9. Kulturaustausch als unabhängiges Ziel verteidigen

Die Arbeit des Goethe-Instituts soll in erster Linie dem Kulturaustausch und der Vermittlung der deutschen Sprache sowie eines aktuellen und realitätsnahen Deutschlandbildes dienen. Für die Beschäftigten ist die Unabhängigkeit des Goethe-Instituts ein hoher Wert. Die kulturpolitische Bedeutung unserer Arbeit und ihr wirtschaftlicher Mehrwert dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Um die Nachhaltigkeit unserer Arbeit zu gewährleisten, braucht es den Erhalt der drei Säulen – Kultur, Sprache und Information – die sich gegenseitig befruchten und stützen. Nachhaltigkeit, Beschäftigungssicherheit, Gesundheitsfürsorge, angemessene Bezahlung, Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, Einfluss- und Gestaltungsraum, Führungsqualität und Betriebskultur: Das sind Grundlagen für gute Arbeit.