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Marode Schulen sind eine Schande

GEW: Geld aus Berlin für gute Bildung in Baden-Württemberg

Stuttgart/Freiburg - Die Bildungsgewerkschaft GEW ruft Bund, Länder und Kommunen zum Kampf gegen marode Schulen auf. "Es ist eine Schande, wie selbst im reichen Baden-Württemberg viele Schulgebäude aussehen. Deutschland braucht einen politischen Richtungswechsel: Die Politik muss endlich mehr Geld für Bildung in die Hand nehmen", sagte am Freitag (05.05.) in Stuttgart Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Zusammen mit der baden-württembergischen GEW-Landesvorsitzenden Doro Moritz macht sie sich für ein Sanierungsprogramm und eine Aufhebung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich stark. "Die Schülerinnen und Schüler in unseren Klassenzimmern sowie die Eltern und Lehrkräfte verstehen nicht, warum Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine grün-schwarze Landesregierung eisern am Kooperationsver­bot festhalten, anstatt Geld aus Berlin zur Sanierung und zur besseren Ausstattung der Schulen zu nutzen und durch diese Entlastung mehr Geld für neue Lehrkräfte und guten Unterricht zu haben. An vielen Schulen im Land fehlt Geld für notwendige Sanierungsarbeiten. Auch für gute Lernbe­din­gungen und die seriöse Finanzierung von Reformprojekten wie die Inklusion fehlen die Mittel und die grün-schwarze Landesregierung will weiter Lehrerstellen streichen", sagte Moritz.

Bundesweit wird mit einem Investitionsbedarf von 34 Milliarden Euro allein für Schulen gerechnet. Tepe schlägt ein auf zehn Jahre angelegtes Programm vor. Dieses erfordere einen jährlichen Investitionsbedarf von 3,5 Milliarden Euro für die Schulen und einer Milliarde Euro für die Hochschulen. "Der Bund kann mit einem Sanierungs- und Modernisierungsprogramm unmit­telbar dazu beitragen, die Lehr- und Lernqualität zu verbessern. Im Gegenzug müssen sich die Länder verpflichten, mehr Personal einzustellen und die Bezahlung der Pädagoginnen und Pädagogen strukturell zu verbessern", unterstrich Tepe. Sie machte deutlich, dass die GEW die Lockerung des Kooperationsverbots für den Bildungsbereich begrüße, betonte jedoch: "Das Kooperationsverbot muss endlich komplett fallen. Dann kann der Bund die Länder und alle Kommunen direkt bei der Finanzierung der Bildungsaufgaben unterstützen."

Moritz und Tepe halten den Lehrermangel in Baden-Württemberg für "hausgemacht" und werfen der Landesregierung vor, durch die Stellen­streichungen junge Menschen von der Entscheidung für einen pädagogischen Beruf abzuhalten. "In den Klassenzimmern fehlen Lehrkräfte, trotzdem streicht die Landesregierung Lehrer­stellen und kürzt die Mittel für Lehrerfortbildung um eine halbe Million. Zudem wurde es versäumt, rechtzeitig Studien­plätze für das Grundschullehramt und die Sonderpädagogik auszubauen, obwohl der Bedarf absehbar war", sagte Moritz.

A13 für alle Lehrkräfte - Baden-Württemberg muss konkurrenzfähig bleiben

Die GEW setzt sich unter anderem für eine bessere Bezahlung von Grundschullehrkräften ein. "Der Grundstein für gute Bildung wird bei den Kleinsten gelegt. Trotzdem erkennt die Landesregierung die wertvolle Arbeit der Grundschullehrerinnen immer noch nicht aus­reichend an und bezahlt sie schlechter als ihre Kolleginnen und Kollegen in den weiter­führenden Schulen. Die GEW erwartet von der Landes­regierung außerdem einen Stufen­plan für den Aufstieg aller Hauptschul- und Werkreal­schullehrkräfte von der Besoldungsgruppe A12 in A13. Baden-Württemberg bleibt nicht konkurrenzfähig, wenn sie Lehrkräfte in der Besoldungsgruppe A12 lässt", sagte Tepe. Erst vergangene Woche warb der Berliner Senat in Stuttgart mit dem Hinweis auf bessere Arbeitsbedingungen um junge Lehrer/innen aus dem Südwesten.

Lehrermangel in vielen Bundesländern

Mit Blick auf den Lehrkräftemangel, auf den Deutschland sehenden Auges zusteuert, sagte Tepe: "Wir brauchen eine Offensive, um viel mehr junge Menschen für den Beruf des Lehrers, der Lehrerin zu gewinnen." Die GEW-Vorsitzende betonte, dass der Lehrkräfte­mangel bereits jetzt in vielen Bundesländern ein großes Problem sei. Als Beispiele nannte sie Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt. "Einige Länder können den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern nur noch decken, in dem sie Menschen ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium einstellen", sagte Tepe. In Berlin sei bereits im vergangenen Schuljahr mehr als ein Drittel der neu eingestellten Lehrkräfte ohne pädagogische Ausbildung in den Beruf gestartet. Nur 18 Prozent der an Grundschulen eingestellten Lehrkräfte habe das entsprechende Lehramt studiert. "In Sachsen werden jährlich rund 1.400 neue Lehrkräfte benötigt, allein um die in den Ruhestand gehenden zu ersetzen. In den nächsten 15 Jahren verließen über 10.000 Lehrkräfte die Schulen in Sachsen-Anhalt. Die Ausbildungszahlen im Land zugrunde gelegt ließen sich diese Abgänge bei weitem nicht ausgleichen. Die GEW geht davon aus, dass auch hier künftig nur noch jede zweite Stelle mit einer voll ausgebildeten Lehrkraft besetzt werden könne. "Deshalb müssen bundesweit die Ausbildungskapazitäten dem Bedarf entsprechend ausgeweitet und in allen Ländern die Gelder für die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte bereitgestellt werden", sagte die GEW-Vorsitzende.

Gewerkschaftstag Freiburg vom 6. bis 10. Mai 2017

Am 6. Mai beginnt in Freiburg der alle vier Jahre stattfindende bundesweite Gewerkschafts­tag der GEW (bis 10.05.). Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe kandidiert für eine weitere Amtszeit. 432 Delegierte wählen die GEW-Spitze und beraten gut 100 Anträge.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird bei der Eröffnung sprechen und Kultus­ministerin Susanne Eisenmann als KMK-Präsidentin am 8. Mai. Als weitere Redner werden unter anderem DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann, Thomas Strobl (stv. CDU-Vorsitzender), Ralf Stegner (stv. SPD-Vorsitzender) Bettina Jarasch (Bundesvorstandsmitglied der Grünen) und Bernd Riexinger (Vorsitzender der Linken) erwartet. Nach Freiburg kommen auch Gäste aus Bildungsgewerkschaften aus der ganzen Welt. Unter dem Motto "Bildung. Weiter denken!" macht sich die GEW für mehr Geld für den Bildungsbereich stark.

BW-Verdienstorden für Doro Moritz

Doro Moritz wird am Samstag (06.05., 14 Uhr) im Schloss Mannheim von Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg verliehen.

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