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Tarifrunde TV-L 2021: Fragen und Antworten

Die Verhandlungen in der Länder-Tarifrunde waren 2021 sehr schwierig: Die gewerkschaftlichen Forderungen sind alle berechtigt gewesen und doch haben die Arbeitgeber lange Zeit blockiert. Erst nachdem die Beschäftigten zu Zehntausenden auf die Straße gingen, kam Bewegung in die Gespräche. Das Ergebnis: Corona-Sonderzahlung von 1300 Euro; Entgelterhöhung zum 1. Dezember 2022 um 2,8 Prozent, Praktikantinnen- und Praktikantenentgelte werden um 50 Euro erhöht.

Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder betreffen circa 1,2 Millionen Tarifbeschäftigte im Landesdienst. Dazu zählen für die GEW circa 200.000 angestellte Lehrkräfte an den allgemeinen und berufsbildenden Schulen, außerdem die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder und an den Hochschulen.

Indirekt geht es zudem um circa 1,3 Millionen Beamtinnen und Beamte, darunter knapp 650.000 Lehrkräfte. Denn die GEW fordert, dass der Tarifabschluss auf die Besoldung und die Versorgungsbezüge der Beamtinnen und Beamten der Länder übertragen wird. Das müssen aber die Länderparlamente erst noch beschließen. Indirekt ist der Tarifabschluss auch wichtig für Beschäftigte bei Arbeitgebern, die den TV-L anwenden oder sich an ihm orientieren, beispielsweise einige kirchliche Einrichtungen und freie Träger im Bereich der Jugendhilfe und Sozialarbeit. Nicht von der Tarifbindung umfasst sind die rund 100.000 studentischen Beschäftigten, die in dieser Tarifrunde für einen Tarifvertrag gekämpft haben.

Für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst im öffentlichen Dienst Bund und Kommunen gilt das Tarifergebnis nicht. Die Gewerkschaften haben mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen im Herbst 2020 einen Tarifabschluss erzielt, der bis Ende 2022 gilt.

Die Tarifparteien haben sich auf eine Gehaltssteigerung von 2,8 Prozent für alle Beschäftigten geeinigt, die ab dem 1. Dezember 2022 gilt. In der Zwischenzeit gibt es die Corona-Sonderzahlung.

Die Corona-Sonderzahlung erhalten alle Beschäftigten im Geltungsbereich des TV-L. Sie beträgt 1.300 Euro. Teilzeitbeschäftigte erhalten sie anteilig zu ihrem Beschäftigungsumfang. Azubis und Praktikanten erhalten 650 Euro. Die Corona-Sonderzahlung wird bis März 2022 ausbezahlt. Sie ist steuerfrei bis zu einem Betrag von 1.500 Euro. Falls einzelne Bundesländer eigene Corona-Sonderzahlungen leisten, wird dies auf den steuerfreien Betrag angerechnet.

Bekommen auch Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst / Referendarinnen und Referendare eine Corona-Sonderzahlung?

Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst / Referendarinnen und Referendare sind in der Regel Beamte auf Widerruf. Für sie gilt daher wie für andere Beamtinnen und Beamte auch: Wenn die Corona-Sonderzahlung ins Beamtenrecht übertragen wird, wird dort geregelt, ob und wenn ja, wie viel sie bekommen. Die TdL-Vertreter haben im Grundsatz angekündigt, dass sie Gesetze zur Übertragung der Coronaprämie auf Beamtinnen und Beamte auf den Weg bringen wollen. Hier kommt es dann auf die konkreten Regelungen in diesen Gesetzen an.

Bekomme ich auch eine Corona-Sonderzahlung, wenn mein Arbeitsverhältnis nicht während des gesamten Jahres 2021 bestanden hat?

Die erste Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis am 29. November 2021 bestanden hat. Auch ruhende Arbeitsverhältnisse, zum Beispiel während der Elternzeit oder während eines unbezahlten Urlaubes, erfüllen diese Voraussetzung.

Zusätzlich muss eine zweite Voraussetzung erfüllt sein: An mindestens einem Tag zwischen dem 1. Januar und dem 29. November 2021 muss Anspruch auf Entgelt bestanden haben. Das ist auch der Fall bei einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, während des Bezug des Krankengeldzuschuss aus dem TV-L oder während des Bezugs von Mutterschutzgeld sowie des Mutterschutzlohns während eines ärztlichen Beschäftigungsverbotes. Auch der Bezug von Kurzarbeitergeld zählt dazu.

Damit Beschäftigte Anspruch auf die Sonderzahlung haben, müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein.

Auch für die Frage, ob während der Elternzeit Anspruch auf die Corona-Prämie besteht, ist es entscheidend, ob an einem Tag zwischen dem 1. Januar und dem 29. November Entgelt oder bestimmte Entgeltersatzleistungen bezogen wurden. Bei einer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit ist dies der Fall, ebenso bei Bezug von Mutterschaftsgeld oder Krankengeldzuschuss aus dem TV-L.

 

Mit Blick auf den Preisanstieg, der im November voraussichtlich bei +5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat liegen wird, klingen 2,8 Prozent nicht viel. Es gibt aber auch noch die Sonderzahlung von 1300 Euro. Sie ist steuer- und abgabefrei und entspricht je nach individuellem Steuersatz 1700 Euro bis 2400 Euro brutto. In Prozent auf ein Jahr gerechnet ergibt das bei der untersten Entgeltgruppe über sechs Prozent. Bei höherem Entgelt fällt die Corona-Zulage prozentual weniger ins Gewicht, aber in E13 Endstufe, in die viele Lehrkräfte eingruppiert sind, sind es immer noch gut drei Prozent.

Die aktuelle Inflation ist außerdem durch einen Statistik-Effekt überhöht: Im zweiten Halbjahr 2020 sind die Preise wegen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung gesunken. Danach sind sie wieder auf das alte Niveau gestiegen. Weil die Inflation gegenüber dem gleichen Monat im Vorjahr gemessen wird, fällt die Rate seit Juli – und noch bis Dezember – besonders hoch aus. Ab Januar 2022 ist dieser Mehrwertsteuereffekt vorbei, dann wird die Rate wieder spürbar niedriger sein.

Trotzdem bleibt, dass insbesondere die Benzin-, Heizöl- und Gaspreise seit Monaten steigen. Wie sich das weiter entwickelt, ist schwer vorherzusehen, zumal diese Rohstoffe noch in Dollar abgerechnet werden. Die Prognosen für nächstes Jahr reichen von 2,5 bis 3 Prozent.

Die Laufzeit bezieht sich auf den Zeitraum, in dem die Entgelttabellen nicht gekündigt werden können. Die Gewerkschaften einigten sich mit den Arbeitgebern auf eine Laufzeit von 24 Monaten. Das bedeutet, die Entgelttabellen können erst wieder zum 30. September 2023 gekündigt werden. Bis dahin besteht Friedenspflicht.

Die GEW wollte in dieser Tarifrunde endlich die vollständige Paralleltabelle für angestellte Lehrkräfte erreichen. Anders als in der allgemeine Entgeltordnung erfolgt die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte durch die Zuordnung der Entgeltgruppen zu einer Besoldungsgruppe. Dabei gibt es eine Schieflage. Während der Besoldungsgruppe A 13 die Entgeltgruppe EG 13 zugeordnet ist, ist es bei der A 12 nur die EG 11 und so weiter.

Doch die Verhandlungen waren durch das Beharren der TdL auf einer Änderung des § 12 TV-L geprägt. Durch eine Neufassung des „Arbeitsvorgangs“, der für die Eingruppierung vieler Beschäftigter entscheidend ist, könnten die Arbeitgeber künftig viele Kolleginnen und Kollegen schlechter bezahlen. Diesen Angriff auf einen Grundpfeiler des Eingruppierungsrechts mussten die Gewerkschaften jetzt erneut abwehren. Im Gegenzug hat die TdL sich jedoch geweigert, zu irgend einer der "strukturellen" Forderungen der Gewerkschaften zu verhandeln. Dazu gehörte auch die Paralleltabelle.

Die GEW wird in dieser Frage weiter Druck machen.

Die Angleichungszulage wurde 2015 beim erstmaligen Abschluss des Tarifvertrages über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L), der die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte regelt, vereinbart. Sie wurde für die Beschäftigtengruppen vereinbart, für die die Gewerkschaften die Paralleltabelle gefordert haben. Mit der Angleichungszulage von zunächst 30 und jetzt 105 Euro wird die Gehaltsdifferenz seit 2015 schrittweise der höheren Entgeltgruppe angeglichen. Die Angleichungszulage wurde in dieser Tarifrunde nicht erhöht.

Alle Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst, die im Landesdienst tätig sind, profitieren von den allgemeinen Gehaltssteigerungen. Sie erhalten 2,8 Prozent mehr Gehalt zum 1. Dezember 2022. Spätestens bis März 2022 bekommen sie zudem die Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro (steuer- und sozialabgabenfrei) ausgezahlt.

Im Landesdienst arbeiten viele Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst, z.B. in den Berliner Eigenbetrieben. In anderen Bundesländern sind sie in Schulhorten oder in der Schulsozialarbeit sowie als sozialpädagogische Beschäftigte an Schulen tätig.

Für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst im öffentlichen Dienst Bund und Kommunen gilt das Tarifergebnis nicht. Die Gewerkschaften haben mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen im Herbst 2020 einen Tarifabschluss erzielt, der bis Ende 2022 gilt.

Die Gewerkschaften fordern seit langem, dass Höhergruppierungen zukünftig stufengleich und unter Mitnahme der bereits zurückgelegten Stufenlaufzeit erfolgen sollen. Die Arbeitgeber haben das rigoros abgelehnt. Für sie gibt es bei diesem Thema „keinen Handlungsbedarf“.

Die Arbeitgeber halten die stufengleiche Höhergruppierung auch für „rechtlich fragwürdig“ – obwohl es sie sowohl im TVöD als auch im TV-H bereits gibt. Für die Gewerkschaften ist diese Haltung unverständlich. Denn wenn es sich für Beschäftigte in bestimmten Fällen finanziell nicht lohnt, höherwertige Aufgaben zu übernehmen, führt das auch im Landesdienst zu Schwierigkeiten, Leitungsstellen in Kitas oder Schulen zu besetzen.

Außerdem haben die Arbeitgeber sich beim Thema „Arbeitsvorgang“ darauf zurückgezogen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Im Gegenzug haben sie sich geweigert, über alle anderen, sogenannten „strukturellen“ Themen zu sprechen. Dazu gehört auch die stufengleiche Höhergruppierung.

Studentische Beschäftigte sind studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte, die an den Hochschulen viele wichtige Tätigkeiten ausüben. Sie unterstützen die Lehre als Tutorinnen und Tutoren und wirken an Forschungsprojekten mit. Ihre Arbeitsbedingungen sind nicht tarifvertraglich geregelt, sondern werden von den Hochschulen einseitig diktiert.

Die Gewerkschaften wollten, dass sich die Arbeitgeber ihrer Verantwortung stellen und studentische Beschäftigte durch einen Tarifvertrag schützen. Sie haben sich zahlreich und mit tollen Aktionen an den Warnstreiks beteiligt. Unser Ziel war, den tariflosen Zustand für diese große Beschäftigtengruppe endlich zu beenden. Das Thema war noch in der letzten Verhandlungsnacht in Potsdam ein großer Konfliktpunkt. Am Ende war nicht mehr als eine Gesprächszusage erreichbar. In den Gesprächen solle es zunächst um eine „Bestandsaufnahme über die Beschäftigungsbedingungen der studentischen Hilfskräfte“ gehen. Das bedeutet aber auch: Zum Thema TV Stud besteht keine Friedenspflicht. Der Kampf geht weiter!

Praktikantinnen, Praktikanten, ausbildungsintegriert dual Studierenden und Auszubildenden im Geltungsbereich der Länder-Tarifverträge erhalten spätestens im März 2022 eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 650 Euro. Ihre Monatsentgelte werden ab 1. Dezember 2022 um 50 Euro erhöht. Die Übernahmeregelungen für Auszubildende werden verlängert.

Eine Forderung der Gewerkschaften in dieser Tarifrunde war ein „Extra“ für den Gesundheitsbereich. Denn diese Kolleginnen und Kollegen leisten in der Corona-Pandemie Unglaubliches. Doch in vielen Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen herrscht Personalnot. Um diese wichtigen Berufe wieder attraktiver zu machen, muss auch die Bezahlung stimmen. Am Ende der Verhandlungen einigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf Erhöhungen diverser Zulagen, die insgesamt einen spürbaren Bonus für viele Berufsgruppen in diesen verantwortungsvollen Tätigkeiten ergeben.

Hinter dem Thema „Arbeitsvorgang“ verbergen sich die Mechanismen, nach denen Beschäftigte in das Tabellensystem des Gehaltstarifvertrages einsortiert werden. Die Arbeitgeber, die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), wollen durch die Zerstückelung von Arbeitsabläufen eine schlechtere Eingruppierung von Beschäftigten durchsetzen und damit Geld sparen. Diesen Angriff auf eine wichtige Säule des Eingruppierungsrechts im öffentlichen Dienst haben die Gewerkschaften erneut abgewehrt. Im Gegenzug waren die Arbeitgeber aber nicht mehr bereit, über die gewerkschaftlichen Themen wie die stufengleiche Höhergruppierung und die Paralleltabelle zu reden.

Die TdL hat inzwischen eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgerichts eingelegt und hofft, dass das Bundesverfassungsgericht zu ihren Gunsten entscheidet. Bis dahin hat sie kein Interesse an einer Lösung ohne Veränderung des Arbeitsvorgangs im § 12 TV-L, wie sie die Gewerkschaften in den Verhandlungen offeriert hatten.

Die Gewerkschaften haben gefordert, dass das Tarifergebnis zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten übertragen wird. Die Arbeitgeber haben in den Tarifverhandlungen zugesichert, sowohl die Corona-Sonderzahlung wie auch die Gehaltserhöhung in den 15 von der TdL vertretenen Bundesländern auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen.

Die GEW-Landesverbände werden ein Auge darauf haben, dass die Ländervertreter dieses Versprechen auch halten. Und sie werden auch darauf achten, dass die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger dabei nicht vergessen werden.

Der TV Corona-Sonderzahlung wurde noch in Potsdam unterschrieben, damit die Sonderzahlung zügig ausgezahlt werden kann. So ist sichergestellt, dass sie steuer- und sozialabgabenfrei ist.

Die Gewerkschaften vereinbarten mit den Arbeitgebern eine Laufzeit von 24 Monaten. Das heißt, dass die Entgelttabellen für diese Dauer nicht gekündigt werden können. Die nächsten Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder stehen damit im Herbst 2023 an.

Bis dahin wird sich die GEW weiterhin für das Erreichen der vollständigen Paralleltabelle, die Weiterentwicklung des Tarifvertrages über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L) sowie einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte einsetzen.