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Was es Neues gibt

Senior*innenpolitische Neuigkeiten und Informationen über die Arbeit des Bundesausschusses der Senior*innen. Auf dieser Seite halten wir Sie auf dem Laufenden.

Perspektiven für die Senior*innenpolitik der GEW

Anlässlich der Klausurtagung der Senior*innen im württembergischen Allgäu Anfang Juni 2013 informiert Anne Jenter als Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes beim Hauptvorstand zu den Perspektiven der Senior*innenpolitik insbesondere zu den Schwerpunkten Einbindung in die DGB-Senior*innenpolitik, Aktivitäten der GEW in der Senior*innenpolitik auf Bundesebene, Entwicklungen bei den Mitgliedern 55 plus und deren Verhältnis zur GEW und notwendige Maßnahmen zur Mitgliederbindung.

Dialog Schwerpunkt "Wohnen im Alter"

Wohnen muss jeder und jede, aber wie? In unserer Gesellschaft mit immer mehr älteren Menschen ist die Perspektive wichtig: Haben wir eine tragfähige Vision vom Wohnen? Es geht nicht mehr allein um die Anzahl der Wohnungen und um Quadratmeter. Es geht um die Qualität der Wohnquartiere, um Individualität und Gemeinschaft, um verbindliche Grundlagen für gegenseitige Unterstützung.

„Auch mal ein Kinderlachen hören“

„Die Motive für die Suche gemeinschaftlicher Wohnformen sind fast immer gleich: Die Kinder sind aus dem Haus, eine Scheidung wurde bewältigt oder der Partner ist gestorben.“ Winfried Haas vom Arbeitskreis Integriertes Wohnen (AKIW) berät in Leipzig seit mehr als zwölf Jahren Bürger*innen, die sich für „Wohnen mit Anschluss“ interessieren. Oft entwickelten die Menschen vage Vorstellungen vom generationenübergreifenden Wohnen und gingen dann mit ihren Fragen zum Wohnungsamt oder ihrer Wohnungsgesellschaft. „Das führt in der Regel zu Frust“, weiß Haas, „denn nicht alle Stellen sind so weit, mit derartigen Anfragen gut umzugehen.“ Die Interessen der Wohnungswirtschaft und der Mieter gingen weit auseinander.

Wünsche und Erwartungen justieren

Hier setzt die Arbeit des AKIW an: Die Beratungsstelle unterstützt nachbarschaftsorientiertes Wohnen, sie bringt Mieter*innen- oder Käufer*innengruppen mit der Wohnungswirtschaft zusammen. „Wir informieren, moderieren und klären über Fördermittel und Stiftungsgelder auf, mit denen alternative Wohnprojekte gefördert werden können“, erläutert Haas. Der AKIW biete eine Plattform, auf der sich Interessierte finden und organisieren könnten. Verantwortung und Klarheit der Ziele seien dabei wichtig:

„Gleichgesinnte müssen sich Regeln für ihre Gemeinschaft erarbeiten, denn der Alltag birgt immer Konflikte.“ Es gehe um Toleranz und um die Frage: Was bringe ich ein, was erwarte ich von anderen? Zum Kinderlachen, das viele Ältere in ihrem Alltag hören wollten, gehörten auch Kinderlärm und Schmutz im Treppenhaus.

Leih-Oma gesucht

In fast allen deutschen Städten und Landkreisen gibt es Modellprojekte neuer Wohnformen, Beratungsstellen oder Initiativgruppen. Das Nürnberger Wohnprojekt „wohnenPLUS“ – gefördert vom Bundesfamilienministerium - strebt familienähnliche Strukturen an, indem es sich auf zwei Zielgruppen beschränkt: Es bringt Senior*innen mit alleinerziehenden Eltern zusammen; Kinderbetreuung und Alltagshilfe können Bewohner*innen untereinander aushandeln. Auch das Marburger Projekt „Wohnen für Generationen“ setzt auf Nachbarschaftshilfe. Allerdings musste eine stark pflegebedürftige Bewohnerin ausziehen: Intensivbetreuung und Pflege konnte und wollte die Hausgemeinschaft nicht leisten.

Alte Bäume verpflanzen?

Die meisten älteren Menschen wollen in ihren eigenen vier Wänden bleiben. Sie beanspruchen Kontakte und gute Versorgung im unmittelbaren Umfeld. Das Konzept Wohnquartier4 formuliert dafür Anforderungen: Die passende Wohnung (Größe, Ausstattung), Gemeinschaftsleben, Bildungs- und Kulturangebote, Gesundheitsversorgung, Alltagshilfen und Pflegeangebote.

In Frankfurt am Main reagiert die Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding, die rund 50.000 Wohnungen im Bestand hat, auf die wachsende Zahl betagter Mieter*innen. Sie setzt in Modellquartieren Siedlungshelfer ein, die bei Reparaturen helfen, Elektrogeräte anschließen oder die Gardinen aufhängen; ab eineinhalb Stunden wird die Hilfe kostenpflichtig. Und in Kooperation mit einem freien Träger wird Beratung und Hilfe angeboten: Anschluss an ein Hausnotrufsystem, Essen auf Rädern, Gymnastikkurse und Sturzprävention sind im Angebot.

Auf den Erhalt der – zu groß gewordenen – Privatwohnung zielt auch das Modell „Wohnen für Hilfe“ ab, das bundesweit vor allem in Universitätsstädten Schule macht: Ältere Alleinstehende nehmen Studierende oder Auszubildende bei sich auf, die umsonst wohnen können; dafür leisten die Mitbewohner*innen Garten- oder Hausarbeit. Als Faustregel gilt: Eine Arbeitsstunde pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat.

Teilhabe und Versorgung sichern

Alle Projekte und Modelle zeigen interessante neue Wege auf. Dennoch pocht die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senior*innen-Organisationen BAGSO e.V. darauf: Die Politik müsse altersverträgliche Wohnverhältnisse zum Maßstab der Infrastruktur erheben, Einzelinitiativen reichten nicht aus. Die BAGSO fordert Barrierefreiheit des Wohnraums und des Wohnumfelds und setzt sich dafür ein, nicht an den Bedürfnissen der Älteren vorbei zu planen, sondern sie „verantwortlich mitwirken“ zu lassen. „Politik und Wohnungswirtschaft müssen die Weichen für nachhaltiges Wohnen neu stellen“, davon ist auch Winfried Haas überzeugt.

Text: Beate Eberhardt