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Wanka und das WisszeitVG – GWK-Bericht – Steuerungsmöglichkeiten der Länder

In wenigen Tagen neigt sich das Wissenschafts-Jahr 2013 dem Ende zu. In diesem Jahren haben Studien wie der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebene Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs erneut den großen Reformbedarf in Sachen Karrierewege und Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft deutlich gemacht.

Der neue Bürgerrat will Menschen zusammenbringen, um gemeinsam über Bildung nachzudenken. (Foto: Alexander Paul Englert)

Zuletzt hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz Zahlen und Fakten zu geschlechterspezifischen Aspekten von Befristung und Teilzeitbeschäftigung geliefert. Gleichzeitig geraten Bund und Länder unter dem Eindruck der GEW-Kampagne für den "Traumjob Wissenschaft" mächtig unter Druck, daraus endlich Konsequenzen zu ziehen.

Die GEW wird auch 2014 am Ball bleiben und beim Bund, in den Ländern, an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Druck machen für die überfällige Reform von Karrierewegen und Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft - versprochen!

Große Koalition: Wann kommt die WissZeitVG-Novelle?

Mit der Wiederwahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin ist der Weg frei für die Arbeit der von CDU, CSU und SPD gebildeten neuen Bundesregierung. Bundesministerin für Bildung und Forschung bleibt Johanna Wanka (CDU). Für ihre Arbeit wünscht ihr die GEW eine glückliche Hand und viel Erfolg. Ob sie es schafft, ein "Jahrzehnt der Hochschulen" einzuleiten, wie es während der Koalitionsverhandlungen hieß, werden wir sehr genau beobachten. Ob dies gelingt, wird ganz wesentlich von der Beantwortung der Fragen abhängen, die im Koalitionsvertrag am Ende nicht mehr beantwortet wurden: Kommt das seit 2006 im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot von Bund und Ländern in Bildungsangelegenheiten doch noch auf den Prüfstand? Kommt es zur überfälligen Verbesserung des BAföG und der Anhebung der Fördersätze und Freibeträge? Wie werden die für die Wissenschaftspakte zugesagten drei Milliarden Euro auf den Ausbau der Hochschulen (Hochschulpakt), die Förderung der Spitzenforschung (Exzellenzinitiative) und den Ausbau von Drittmittel- und außeruniversitärer Forschung (Pakt für Forschung und Innovation) verteilt?

Eines steht fest: In einer für die GEW zentralen Frage wird die Ministerin umdenken müssen – ob sie will oder nicht. Hatte die bisherige Koalition eine Änderung des 2007 in Kraft getretenen Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) kategorisch ausgeschlossen, steht diese jetzt auf der Agenda. Ausdrücklich haben sich Union und SPD in ihrer Koalitionsvereinbarung verpflichtet, für "planbare und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft" zu sorgen. Die GEW wird die Koalitionspartner beim Wort nehmen und sich schon bald nach der Umsetzung erkundigen – das nächste Mal am 2. April 2014 beim 5. Follow-up-Kongress zum Templiner Manifest mit Abgeordneten aus allen vier Bundestagsfraktionen.

GWK-Bericht: Wissenschaftlerinnen stärker von Befristung und Teilzeit betroffen

Von der übermäßigen Befristungspraxis und Teilzeitbeschäftigung in Hochschule und Forschung sind sowohl Wissenschaftlerinnen als auch Wissenschaftler betroffen, Wissenschaftlerinnen aber noch in stärkerem Maße. Das zeigt der jüngste Bericht der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) über "Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung", dessen Anhang eine Sonderauswertung des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) über "Geschlechterspezifische Aspekte von Befristung und Teilzeit in Wissenschaft und Forschung" darstellt. Mitglieder der GWK sind die für Wissenschaft und Forschung sowie die für Finanzen zuständigen Ministerinnen und Minister bzw. Senatorinnen und Senatoren des Bundes und der Länder.

Während 64 Prozent des männlichen hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals (einschließlich Professorinnen und Professoren) befristet beschäftigt sind, sind es bei den Wissenschaftlerinnen 78 Prozent, so die CEWS-Sonderauswertung im GWK-Bericht. Dieser Unterschied lasse sich nur zum Teil darauf zurückführen, dass Frauen auf unbefristeten Professuren deutlich unterrepräsentiert sind: Der Anteil befristet beschäftigter Wissenschaftlerinnen sei "in jeder Personalkategorie, in allen Fächergruppen und in allen Hochschularten höher als der Anteil bei den Wissenschaftlern" (S. 17).

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Teilzeitbeschäftigung: 50 Prozent der Wissenschaftlerinnen, aber "nur" 28 Prozent der Wissenschaftler an Hochschulen sind teilzeitbeschäftigt. An den Forschungseinrichtungen sind es 29 Prozent der Wissenschaftlerinnen und 15 Prozent der Wissenschaftler. In der Sonderauswertung zum GWK-Bericht wird zugleich deutlich gemacht, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit aus familiären Gründen nicht die wesentliche Erklärung für den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung darstellt, dafür gebe es vielmehr "wissenschaftsinterne Gründe" (S. 26). Von Befristung und Teilzeit sind Wissenschaftlerinnen nicht nur stärker betroffen, umgekehrt haben diese Beschäftigungsbedingungen "geschlechtsspezifische Auswirkungen auf die Teilhabe von Wissenschaftlerinnen an Wissenschaft und Forschung", hebt das CEWS in seiner Sonderauswertung hervor (S. 2).

Der Anteil von Frauen an Professuren an Hochschulen, an Hochschulleitungen sowie an Führungspositionen in außeruniversitären Forschungseinrichtungen habe in den letzten 20 Jahren zwar zugenommen, aber viel zu langsam, kritisieren die in der GWK zusammenarbeitenden Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren. Auch die neuesten Daten belegten, "dass Frauen immer noch an eine 'gläserne Decke' stoßen", heißt es in der Vorbemerkung zum GWK-Bericht (S. 8). Das Potenzial insbesondere promovierter Wissenschaftlerinnen werde "derzeit noch nicht hinreichend für eine weitere wissenschaftliche Karriere an Hochschulen oder außerhochschulischen Forschungseinrichtungen ausgeschöpft", daher müssten entsprechende "strukturelle Rahmenbedingungen" wie "eine höhere wissenschaftliche Selbstständigkeit im Mittelbau", "familienfreundliche Rahmenbedingungen" sowie ein "Kulturwandel in den Organisationen und Einrichtungen des Wissenschaftssystems" geschaffen werden, fordert die GWK.

Die GEW findet: Die GWK, also Bund und Länder, sind da auf der richtigen Fährte! Seit 2010 weisen wir mit dem Templiner Manifest den Weg zum "Traumjob Wissenschaft", mit dem Herrschinger Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft" halten wir einen Instrumentenkasten bereit, mit dem sich Hochschulen und Forschungseinrichtungen u. a. auf eine "Familienfreundliche Gestaltung von Karrierewegen" oder "Gleiche Chancen für Frauen und Männer" verpflichten können. Jetzt sollten den Worten Taten folgen!

Karrierewege und Beschäftigungsbedingungen: Steuerungsmöglichkeiten der Länder

Wie ein Bundesland, beispielsweise Hamburg, seine Hochschulen dazu bringen kann, für berechenbare Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen zu sorgen, das haben jetzt Gunter Quaißer und Anke Burkhardt vom Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg festgehalten. Die Länder verfügen über vielfältige Steuerungsinstrumente, um auf die Gestaltung von Beschäftigungsbedingungen an ihren Hochschulen Einfluss zu nehmen: vom Landeshochschulgesetz über Zielvereinbarungen und leistungsorientierte Mittelvergabe bis hin zur Programm- und Projektförderungen, wird in dem Bericht deutlich, der außerdem eine Fülle an Daten und Fakten nicht nur für Hamburg, sondern für alle 16 Bundesländer enthält. In den nicht nur in Hamburg, sondern auch in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Brandenburg, Schleswig-Holstein und weiteren Ländern bevorstehenden Hochschulgesetz-Novellen wird die GEW darauf zurückkommen. Aus Anlass einer Anhörung im Hessischen Landtag hat Andreas Keller bereits 2012 in einer Stellungnahme exemplarisch die Handlungsmöglichkeiten eines Bundeslands aufgezeigt.