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Viele Wege führen zur Inklusion

Mehr Sonderpädagogen, mehr Fortbildungen, kleinere Klassen und eine längere Schulzeit: Mit Blick auf die inklusive Schule ist die Wunschliste der Lehrkräfte lang. Wir haben beim Gewerkschaftstag mit Delegierten gesprochen.

Die Berufsschullehrerin Roswitha Lauber hat eine konkrete Forderung an die Politik in Nordrhein-Westfalen: Der Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2015, mit dem Inklusion für Berufskollegs quasi abgeschafft worden sei, müsse rückgängig gemacht werden, sagte sie am Rande des Gewerkschaftstages in Freiburg. Mit dem Beschluss sei festgelegt worden, dass Jugendliche, die nach der Sekundarstufe I weiter Unterstützungsbedarf hätten, auf ein Förderberufskolleg müssten. "Das ist Exklusion", sagte die Vorsitzende der Kreisvereinigung Soest, die auch Mitglied in der Bundesfachgruppe Gewerbliche Schulen ist.

Wenn es mehr Förderschullehrkräfte, mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie kleinere Klassen gebe, könnten Jugendliche mit Förderbedarf ein normales Berufskolleg besuchen. Lauber sieht auch die Wirtschaft am Zug: "Es müssen erstmal Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden", sagte sie. "Auch Arbeitgeber müssen Inklusion umsetzen."

"Inklusive Schule muss schulzeitoffen sein"

Die sonderpädagogische Fachkraft Ulricke Rausch lehnt derweil eine Auflösung der Förderschulen ab. "Es gibt Schülerinnen und Schüler, die Hilfe brauchen", sagte die Referatsleiterin Angestellten- und Beamtenrecht im GEW-Landesverband Thüringen am Rande des Gewerkschaftstages in Freiburg. "Nicht jedes Kind ist inkludierbar." Die an einer Förderschule arbeitende Rausch fordert auch mehr zeitliche Flexibilität für Jugendliche, die bis zum Abschluss länger als zehn Jahre bräuchten. "Die inklusive Schule müsste schulzeitoffen sein."

Multiprofessionelle Teams in Klassen hält Rausch zwar für notwendig, gibt jedoch zu bedenken:  "Es ist auch schwierig für Lehrkräfte, wenn noch fünf Erwachsene mit in der Klasse sitzen." Kinder seien leicht ablenkbar, "das ist ein Stück weit auch ein Störfaktor". Emotional und sozial beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler bräuchten Struktur, "jede Störung ist Gift für den Lernprozess".     

Personal umschichten

Mit Blick auf die wiederkehrende Forderung nach mehr Personal bewertet der Realschullehrer Lothar Wallmann aus dem Landesverband Baden-Württemberg die Möglichkeiten der GEW derweil als eingeschränkt. Selbst wenn die Landesregierung mehr Geld zur Verfügung stellen würde, fehlten derzeit die entsprechenden Lehrkräfte. "Kurzfristige Lösungen sind schwer", räumte er ein. Möglicherweise könne aber Personal umgeschichtet werden: Lehrkräfte, die an Haupt- oder Werkrealschulen nicht mehr benötig würden, könnten für Inklusion weiterqualifiziert werden.

GEW will Parallelsystem aufheben

Die GEW will das Nebeneinander von Förder- und allgemeinen Schulen nach und nach abschaffen. Mit großer Mehrheit verabschiedete der Gewerkschaftstag den Antrag "Es gibt keine Alternative zur Inklusion". Gerungen wurde über jetzt notwendige Schritte.