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In Madrid hat es "Wow!" gemacht

Mehr Gleichheit in der Gesellschaft fördert auch die Inklusion in der Schule - wie das Beispiel Island zeigt. Für das Comenius-Projekt TdiverS beobachteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gelingende Inklusion in sechs Ländern.

Die in Deutschland übliche frühe Verteilung auf verschiedene Schultypen behindert nach Ansicht von Experten die Umsetzung von Inklusion. "Wenn Selektion nicht der Normalfall ist, lernen Schulen professioneller mit Diversität umzugehen. Die Ausstattung für Unterricht in heterogenen Gruppen ist besser; die Lehrkräfte haben andere Kompetenzen", sagte die Sonderpädagogin Kerstin Merz-Atalik im "E&W"-Interview. "Inklusion beginnt nicht erst, wenn Kinder mit attestiertem Förderbedarf in die Schule kommen."

Die grundlegenden Haltungen gegenüber inklusivem Unterricht unterschieden sich in Europa. "In Island etwa sind wir einem sehr verbreiteten Gleichheitsgedanken begegnet, auch wenn es um Einkommensdifferenzen in der Gesellschaft oder die Bezahlung von Männern und Frauen geht. Ich bin überzeugt, dass sich dieser auf die Atmosphäre an den Schulen auswirkt: Wer Gleichheit als Prämisse hat, ist selbstverständlicher bemüht, niemanden zurückzulassen."

In Madrid gebe es eine Schule, in der bis zur 8. Klasse in allen Klassen zweisprachig unterrichtet werde: in Spanisch und in Gebärdensprache. Zudem seien die Eltern ganz selbstverständlich Teil des Schulbetriebs. "So vermittelt sich ihnen ein ganz anderes Verständnis von Inklusion, als wenn sie nur von außen zuschauen", sagte Merz-Atalik.

Von 2013 bis 2016 beobachteten und dokumentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Lehrkräfte und andere Experten aus Deutschland, Island, Luxemburg, Litauen, Schweden und Spanien gelingende Inklusion. Finanziert wurde das Comenius-Projekt TdiverS von der Europäischen Union, koordiniert von Merz-Atalik und der Sportdidaktin Heike Tiemann. Produziert wurde dabei auch ein USB-Stick mit Videos mit Unterrichtsbeispielen und Expertengesprächen, der gegen Übernahme der Portokosten bestellt werden kann.

Das ausführliche Interview von Jeannette Goddar ist in der Juli-/Augustausgabe der "E&W" abgedruckt.

Kerstin Merz-Atalik, Professorin für Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung/Inklusion