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Gerd Köhler wird fehlen

Die GEW trauert um Gerd Köhler. Der engagierte Gewerkschafter und profilierte Hochschulpolitiker leitete von 1981 bis 2006 den GEW-Organisationsbereich Hochschule und Forschung. Am 18. Oktober ist er verstorben.

Foto: Uwe Dettmar, Goethe-Universität Frankfurt

Der unerwartete Tod Gerd Köhlers hinterlässt in mir Trauer und Fassungslosigkeit. Fassungslosigkeit, weil wir noch vor wenigen Wochen heitere Stunden zusammen in Göttingen verbracht hatten. Gerd schien seine gesundheitlichen Belastungen gut im Griff zu haben. Und dann der Zusammenbruch an der Tankstelle, nahe Rostock, von dem er nicht wieder aufwachen sollte.

1944 in Bovenden bei Göttingen geboren, wuchs er in der Universitätsstadt auf, studierte auf Lehramt, machte hier seine ersten politischen Erfahrungen in der Studentenbewegung. Gerd wurde ASTA-Mitglied und gehörte 1970/71 dem Vorstand des Verbands deutscher Studentenschaften (VDS) an.

Die politischen Erfahrungen und Erfolge als Student motivierten ihn, nach dem Staatsexamen sein bildungs- und hochschulpolitisches Engagement zunächst 1973 als Bildungsreferent bei der GEW, ab 1981 als Mitglied ihres Geschäftsführenden Vorstands fortzusetzen.

25 Jahre war er für den Bereich Hochschule und Forschung verantwortlich. Als mitgliederschwächstes und in der traditionellen Lehrergewerkschaft nicht unbedingt heimisches Ressort war die Aufgabe für ihn, Hochschule und Forschung zu einem Feld gewerkschaftlicher Interessenpolitik zu entwickeln – eine große Herausforderung. Seine Hoffnung, dass die Studentenbewegung auch die Hochschulen reif für die Bildungsgewerkschaft gemacht hätte, erfüllte sich nicht. Auch seine Erwartung, aus der Kooperation mit der Bundesassistentenkonferenz – 1968 in Marburg als hochschulpolitische Interessenvertretung des „akademischen Mittelbaus“ gegründet – könnte sich ein gewerkschaftlicher Kern entwickeln lassen, realisierte sich nicht. Auch dann nicht, als die Bundesassistentenkonferenz zerbröckelte und sich auflöste.

GEW-Sommerschule gegründet

Gerd konzentrierte seine Arbeit darauf, die gewerkschaftliche Position zu einer demokratischen und sozialen Neugestaltung von Hochschule und Forschung in nationalen und internationalen Gremien sowie Kommissionen zur Geltung zu bringen und dafür Unterstützungsnetzwerke aufzubauen. Darin lag seine große Stärke. Mit seiner verbindlichen und für kontroverse Haltungen offenen Art verstand er es, Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche und politischer Ansichten zu hochschulpolitischen Themen zusammen zu führen. Bei der jährlichen Sommerschule der GEW, die er konzipierte und über lange Jahre leitete, versammelte er in dem eher jugendbewegten als feudalen Ambiente der Heimvolkshochschule Klappholttal auf Sylt, Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Gewerkschaft, Ministerinnen und Staatssekretäre, Uni-Rektoren sowie andere hochschulpolitische Akteure.

Seine Fähigkeit, in kleinen Kreisen zu wirken, prädestinierte ihn zu über Gewerkschaftsarbeit hinausgehenden Freundschaften, die er mit seiner Kochkunst, seiner grandiosen Fotografie und sportlichen Talenten begeisterte.

Mit seinem Tod verlieren viele von uns einen Freund – eine wichtige Stimme im Kampf für eine soziale und demokratische Hochschule ist verstummt.
Prof. Martin Baethge, Präsident des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI)