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Frankreich: Angriffe auf das Arbeitsrecht und die öffentliche Bildung

Ein Vertreter der französischen Gewerkschaft Force Ouvrière (FNECFP-FO) hat in Frankfurt und Kassel über Pläne des neuen französischen Präsidenten Macron berichtet, die Arbeitskosten zu verringern. Es formiert sich erneut Protest.

2016 protestierte die FNEC FP-FO gegen die neoliberale Schulgesetzgebung. (Foto: FNECFP)

Fünf Monate lang protestierten die Gewerkschaften CGT, FO, FSU, SUD und Verbände der Studierenden und OberschülerInnen 2016 gegen das Gesetz „Loi El Khomri“, eine umstrittene Arbeitsmarktreform. Der neue französische Staatspräsident Macron hat nun neue Pläne geschmiedet. Kern der Pläne sind „Maßnahmen zur Verringerung der Arbeitskosten“, die auch vom Europäischen Rat am 22. Mai empfohlenen wurden. Macron setze dabei die Angriffe der Vorgängerregierung fort, die schon 2016 Millionen Menschen auf die Straße gebracht hatten, berichtete Jérôme Legavre am 21. und 22. September auf Veranstaltungen der GEW-Bezirksverbände Frankfurt und Nordhessen. Legavre ist Mitglied des Vorstands der Gewerkschaft für Unterricht, Kultur und Berufsbildung in der Force Ouvrière (FNECFP-FO).

Legrave erklärte, dass Macron als eine seiner ersten Maßnahmen anordnete, dass die Beamtengehälter eingefroren bleiben. 120.000 Beamtenstellen und 150.000 staatlich geförderte Arbeitsplätzen bei Vereinen, Gemeinden und im Bildungswesen sollen zudem gestrichen werden. Für 2018 plane seine Regierung die Reform der Arbeitslosenversicherung, der Renten, des öffentlichen Dienstes und der Universitäten. Im Mittelpunkt der Attacken auf das Arbeitsrecht stehe dabei die Abschaffung des „Günstigkeitsprinzip“. Seit 1936 darf es in Frankreich keine Betriebsvereinbarung geben, die schlechter ist als der Flächentarif, keinen Flächentarif, der schlechter ist als das Gesetz. Diese „Hierarchie der Normen“ stelle das gemeinsame Interesse aller Lohnabhängigen heraus und biete Schutz gegen die Willkür des „Patrons“, des Firmenbesitzers, sagte Legrave. Die französischen Gewerkschaften hätten, schon immer Stellung zu Gesetzen und Regierungsentscheidungen bezogen, wenn sie die Interessen der Lohnabhängigen berühren. „Und wenn es notwendig ist, rufen sie zum politischen Streik auf“, so Legrave.

„Für Macron ist eine gute Gewerkschaft eine Gewerkschaft, die sich als Partner der Unternehmer versteht, nichts mehr fordert und auf die Auseinandersetzung und den Arbeitskampf verzichtet, wenn es darauf ankommt.“ (Jérôme Legavre)

Die kostenlose und laizistische öffentliche Schule sei mit dem gleichen Zugang zur Bildung für alle ein Ergebnis der Kämpfe der französischen Arbeiterbewegung, erklärt Legrave. Präsident Macron und Bildungsminister Blanquer stellten jetzt den nationalen Rahmen der Stundentafeln und Lehrpläne in Frage und setzen auf eine Autonomie der Schulen, die zueinander in Konkurrenz stehen. Das nationale „Baccalauréat“ (Abitur) soll durch „Schuldiplome“ ersetzt werden, deren Wert von Schule zu Schule unterschiedlich sein wird. Universitäten sollen sich die Studierenden selbst auswählen dürfen, so Legrave.

Die Angriffe auf das Arbeitsrecht und auf die öffentliche Schule hängen für Legavre zusammen. Ein drohender „Rückschritt um 100 Jahre“ müsse auf den entschiedenen Widerstand der Gewerkschaften stoßen, die Macron längst als seinen Hauptfeind ausfindig gemacht hat. „Für Macron ist eine gute Gewerkschaft eine Gewerkschaft, die sich als Partner der Unternehmer versteht, nichts mehr fordert und auf die Auseinandersetzung und den Arbeitskampf verzichtet, wenn es darauf ankommt“, sagte Legrave. Auch wenn man mit Vergleichen vorsichtig sein müsse, fühlt sich Legavre an die „Communauté de travail“ erinnert, die „Gemeinschaft der Arbeit“, mit der Staatschef Philippe Pétain als Kollaborateur der deutschen Besatzungsmacht 1941 den Widerspruch von Kapital und Arbeit auflösen wollte.

Für den Herbst hat die FNEC FP-FO gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften und den Organisationen der Studierenden und Schülerinnen und Schülern zu weiteren Protesten und Streiks aufgerufen.