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E&W 9/2017: Jugendgewalt

Eine gute Sozialpolitik ist nach Ansicht von Experten das beste Mittel zur Prävention von Jugendgewalt - unserem Schwerpunktthema in der neuen "E&W". Außerdem gibt es viele Interviews zur Bundestagswahl 2017.

Laut Statistik werden immer weniger Jugendliche gewalttätig. Der Politikwissenschaftler Bernd Holthusen führt das auf langjährige Präventionsarbeit zurück. Eine Gesellschaft ohne Jugendgewalt hält er allerdings für eine Illusion. Um Gewaltvorfälle zu verhindern, brauchen Schulen nach Ansicht von Experten eine konsistente Strategie, die auf ihre Probleme und den Sozialraum vor Ort abgestimmt ist. Sozialarbeit kommt nach Meinung des Jugendgewaltforschers Joachim Kersten indes an viele 13- bis 18-Jährige nicht ran. Gewalt könne man jedoch vorbeugen, wenn man schon in Kitas sowohl ein Gemeinschafts- als auch ein Schamgefühl entwickle. Auch die ungleiche Verteilung von Reichtum, Ausgrenzung und Isolation sind Faktoren, die in der Debatte über gewalttätige Jugendliche mitbetrachtet werden müssen. Experten sagen: Sozialpolitik ist die beste Prävention. Unterdessen verlagert sich Gewalt zunehmend von der physischen zur psychischen. Und Hamburg zum Beispiel verzeichnet zwar statistisch einen Rückgang von Jugendkriminalität. Hört man sich bei Praktikern um, nehmen gefährliche Körperverletzungen an Schulen jedoch zu.

Vor der Bundestagswahl am 14. September hat die „E&W“ zudem die Bildungsexperten der Parteien interviewt. Die SPD plant  eine "Nationale Bildungsallianz", in der sich laut Ernst Dieter Rossmann Akteure von Bund, Ländern und Kommunen, Wirtschaft und Gewerkschaften zusammenschließen. Eine Abschaffung des Bildungsföderalismus wird es mit der Union dagegen nicht geben. Das betont der CDU-Bildungsexperte Dtefan Kaufmann und plädiert stattdessen für gemeinsame Bund-Länder-Programme wie den Digitalpakt. "Die Lehrkräfte müssen auf die Schüler, die sie unterrichten, vorbereitet werden", fordert der Grünen-Bildungsexperte Özcan Mutlu. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die interkulturelle Vielfalt. Die Linke verlangt zehn Prozent mehr BAföG und eine Wohnkostenpauschale. "Das Darlehensmodell wollen wir durch einen Zuschuss ersetzen", sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Nicole Gohlke.

Mit Blick auf dei Wahl sind aber auch alle GEW-Mitglieder gefragt. "Prüft die Parteien noch einmal auf Herz und Nieren", bittet GEW-Chefin Marlis Tepe. Da der deutsche Staat 2016 rund 23,7 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben und damit das dritte Jahr in Folge einen Überschuss erzielt hat, stellt sich auch die Frage: In dieser Lage soll Deutschland sich nicht mehr Bildung leisten können?

Erzieherinnen dringend gesucht

Populismus und Demokratieabbau, Gefahren für die Umwelt sowie die soziale Spaltung sind auch Themen, auf die Lehrkräfte heute eingehen müssen. Dazu ist nach Ansicht von Experten eine Reform der Ausbildung nötig. Die Welt benötigt den mündigen Bürger: der Nein sagt, widerspricht, wenn nötig einschreitet. Was es dazu allerdings braucht, ist solide politische Bildung. Auch die Nachfrage nach Erzieherinnen und Erziehern ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Nun steht die frühe Bildung vor einem Fachkräftemangel: Die Ausbildungskapazitäten halten mit dem steigenden Bedarf nicht Schritt.

Unterdessen will das bayerische Sozialministerium ozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in der Asylberatung offenbar davon abhalten, Geflüchtete umfassend über ihre Rechte aufzuklären. Fachkräfte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler protestieren. Nur wenige Menschen wissen zudem, dass sie mit ihren Geldanlagen Kinderarbeit unterstützen. Neben der mangelnden Berichtspflicht für Banken und Fonds-Anbieter könnten auch Anleger mehr Interesse zeigen.