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Eichholz fordert radikales Neudenken von Inklusion

Der Rechtwissenschaftler Reinald Eichholz plädiert für ein völlig neues Konzept der inklusiven Schule. Bisherige Modelle zielten nicht auf Inklusion, sondern schlicht auf Integration behinderter Kinder in die Regelschulen.

Der Rechts- und Staatswissenschaftler Reinald Eichholz sieht die bisherigen Bemühungen um Inklusion auf dem falschen Weg. Die Bundesländer verfolgten Konzepte, bei denen es nicht um Inklusion gehe, „sondern im ganz herkömmlichen Sinne um Integration der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen in die sogenannten Regelschulen“, kritisierte Eichholz in seinem Vortrag „Blick nach vorn: Menschenrechte bleiben der Maßstab!“ beim Bundeskongress „Eine für alle – Die inklusive Schule für die Demokratie“, der nun veröffentlicht wurde. Die gegenwärtige Regelschule sei für die Umsetzung von Inklusion personell und von der Ausstattung her jedoch völlig ungeeignet. Eltern stünden oft vor dem Dilemma, entscheiden zu müssen, ob sie ihr Kind in eine nicht inklusive Förderschule oder eine unzureichend gerüstete Regelschule schicken sollten.

„Bisher gibt es kaum inklusive Schulen, die diesen Namen verdienen“, betonte Eichholz. Politik, Eltern, Gutachter und Kommentatoren in den Medien hätten meist die Regelschule – ergänzt durch sonderpädagogische und therapeutische Leistungen – vor Augen, wenn sie von der inklusiven Schule redeten. So sei es auch zur leidigen Debatte um angebliche Grenzen der Inklusion gekommen, „obwohl die menschenrechtliche Dimension des Rechts auf Teilhabe klarstellen müsste, dass es diese Grenze nicht geben kann, wenn es um das diskriminierungsfreie Zusammenleben in der Schule geht“.

Eichholz skizzierte auch einen Gegenentwurf: „ein Gesamtbild von Inklusion in der Schule, in dem sich Leben und Lernen verbinden – in einer lebendigen Alltagskultur mit vielfältigen Begegnungen aller und im Unterricht in unterschiedlichsten Lernszenarien, wo neben dem gemeinsamen Unterricht der Leistungskurs für die mathematischen Überflieger genauso Platz hat wie das hochdifferenzierte pädagogischtherapeutische Angebot für kleine Gruppen oder einzelne Kinder, die anderes benötigen“. Nur wenn im Alltag praktisch geschehe, was menschenrechtlich proklamiert werde, werde Inklusion Realität. Wichtig sei dabei auch die politische und gesellschaftliche Einsicht, dass auch die Gymnasien an dem Systemwechsel teilnehmen müssten.