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Bitte endlich in Schulen investieren!

Der Putz bröckelt von den Wänden und die Lernumgebungen sind wenig modern: Seit 1998 sinken die realen Investitionen in Schulgebäude kontinuierlich. Um daran etwas zu ändern, benötigt es auch mehr Mitarbeiter in den Bauämtern der Kommunen.

Besuch der Fritz-Karsen-Schule in Berlin im Rahmen der DGB-Sommertour (Foto: Kay Herschelmann)

In skandinavischen Ländern gilt der Schulraum als „dritter Pädagoge“ – neben den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften. Schulen und Klassenzimmer sollen flexibel nutzbar und individuell gestaltet sein. Ein angenehmer Raum, so die Erkenntnis in den nordischen Staaten, wirkt sich positiv auf Lernklima und Konzentration aus. Gemessen daran ist der Zustand vieler Schulen in Deutschland mehr als ernüchternd. Die allermeisten sind entweder alte oder rein funktionale Gebäude; häufig zudem in einem maroden und baufälligen Zustand. Die Benutzung der Toiletten ist oft eine Zumutung; der Putz bröckelt buchstäblich von der Decke.

Schulen sind ein Teil der staatlichen Infrastruktur; hierzu zählen alle dauerhaften Wirtschaftsgüter – Straßen, Schulen, Rathäuser, Feuerwehrautos etc. –, die im Besitz der öffentlichen Hand sind. Ausgaben, mit denen Infrastruktur erhalten und erweitert wird, werden als staatliche Investitionen bezeichnet. Die Zuständigkeit für die Schulgebäude liegt in Deutschland auf kommunaler Gebietskörperschaftsebene – also insbesondere bei Landkreisen und kreisfreien Städten. Seit mehr als 40 Jahren sinken die staatlichen Investitionen; auch im internationalen Vergleich fällt die Investitionstätigkeit in Deutschland schwach aus. Besonders stark rückläufig waren dabei die Investitionen auf der kommunalen Ebene. Verantwortlich hierfür sind vor allem Konsolidierungsmaßnahmen – die ihre Ursache wiederum in der völlig unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen haben.

Aus diesen Gründen hat sich in vielen Bereichen der staatlichen Infrastruktur ein erheblicher Investitionsstau gebildet –insbesondere bei Gemeinden, Städten und Landkreisen. Laut dem aktuellen Kommunalpanel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beläuft sich der Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene auf 126 Milliarden Euro; am größten ist er laut der repräsentativen Umfrage im Bereich der Straßen- und Verkehrsinfrastruktur mit gut 34 Milliarden Euro. Nur kurz dahinter auf Platz 2 folgt der Bereich Schule inklusive Erwachsenenbildung mit nahezu 33 Milliarden Euro.

Um das Problem zu lösen, ist eine deutliche und auf Dauer angelegte finanzielle Besserstellung der Kommunen erforderlich – auch, um das für den Baubereich zuständige Personal auf der kommunalen Ebene angemessen zu erhöhen.

Für die Flächenländer in Deutschland kann die Entwicklung der Schulbauinvestitionen seit 1998 nachvollzogen werden. Nominal – das heißt zu laufenden, nicht zu konstanten Preisen gemessen –schwankten die Bauinvestitionen in der Zeit von 1998 bis 2008 rund um einen Wert von drei Milliarden Euro, um 2009 auf über 3,4 Milliarden Euro und 2010 auf etwa 4,5 Milliarden Euro zu steigen; auch 2011 wurden immerhin noch vier Milliarden Euro in die Schulen investiert. Dieser Anstieg liegt an den Konjunkturfördermitteln, die aufgrund der internationalen Finanz- und Weltwirtschaftskrise ausgegeben wurden. Nach 2012 flossen weniger als drei Milliarden Euro jährlich in die Schulinfrastruktur; erst 2016 wurden wieder drei Milliarden erreicht. Im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben moderat auf gut 3,3 Milliarden Euro.

In dieser nominalen Entwicklung ist aber nicht berücksichtigt, dass es im Baubereich wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen Preissteigerungen gibt. Werden diese berücksichtigt und reale – das heißt preisbereinigte – Werte berechnet, dann ist seit 1998 ein deutlicher Abwärtstrend zu erkennen. So liegt das Volumen der realen Investitionen im Bereich der Schulen 2017 um ein Viertel unter dem Wert von 1998 – und um gut 14 Prozent unter dem Durchschnittswert der vergangenen 20 Jahre.

Aufgrund des hohen Investitionsstaus auf kommunaler Ebene hat der Bund seit 2015 zwei Kommunalinvestitionsförderprogramme im Umfang von je 3,5 Milliarden Euro beschlossen. Ein Teil des ersten Investitionsprogramms kam dem Schulbereich zugute, das zweite Programm – verabschiedet im Sommer 2017 – fließt ausschließlich in finanzschwache Kommunen zur Sanierung ihrer Schulen. Angesichts des bestehenden Investitionsstaus ist dies ersichtlich zu wenig Geld.

Bedenklich ist zudem, dass bei den kommunalen Investitionen trotz der Investitionsfördermaßnahmen bisher kaum eine Belebung auszumachen ist. Ein Grund dafür scheinen Engpässe im personellen Bereich zu sein: So sank zwischen 1991 und 2010 die Zahl der mit Baufragen beschäftigten Menschen im öffentlichen Dienst der Kommunen deutschlandweit um rund 35 Prozent; bis 2015 ging die Zahl noch einmal um annähernd 10 Prozent zurück. Um das Problem zu lösen, ist eine deutliche und auf Dauer angelegte finanzielle Besserstellung der Kommunen erforderlich – auch, um das für den Baubereich zuständige Personal auf der kommunalen Ebene angemessen zu erhöhen. Kurzfristig angelegte und viel zu gering dimensionierte Investitionsfördermaßnahmen sind jedenfalls nicht geeignet, den bestehenden Investitionsstau aufzulösen.

Das Thema „Gebäude von Bildungseinrichtungen“ steht im Mittelpunkt des Aktionszeitraums vom 4. bis 22. Juni, den die GEW im Rahmen der Initiative „Bildung. Weiter denken!“ ausgerufen hat. Mit Veranstaltungen und anderen Aktivitäten wollen GEW-Landesverbände und der Hauptvorstand gemeinsam verdeutlichen, wo mit Blick auf die bauliche Substanz und Ausstattung von Bildungseinrichtungen der Schuh drückt. Sanierungsstau und/oder Neubau von Bildungseinrichtungen, stinkenden Toiletten, Schulbaurichtlinien, aber auch Fragen von Lärm und Schimmel sowie der Infrastruktur für „Bildung in der digitalen Welt“ – das alles sind mögliche Aspekte, die im Aktionszeitraum aufgegriffen werden können. Mit den Aktivitäten setzt sich die GEW für eine bessere Bildungsfinanzierung ein. Diese ist Voraussetzung dafür, dass Lernorte in Deutschland nach zeitgemäßen pädagogischen Konzepten ausgerichtet werden können – nicht umgekehrt!