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Bildungsgipfel in Amsterdam

Über die Bewertung von Lehrkräften gehen die Meinungen auseinander. Nach welchen Kriterien kann Lehrerbeurteilung stattfinden? Wer entscheidet darüber? Was geschieht mit den Ergebnissen? Darum ging es beim dritten internationalen Gipfel zum Lehrerberuf Mitte März 2013 in Amsterdam.

Foto: Manfred Brinkmann

Teilnehmer des „2013 International Summit on the Teaching Profession“ waren Bildungsminister aus OECD Staaten, Vorsitzende von Bildungsgewerkschaften, Vertreter der Bildungsinternationale (BI) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie Lehrkräfte aus OECD Ländern. Die beiden vorangegangenen Gipfel zum Lehrerberuf hatten auf Initiative der Obama-Regierung, der BI und der OECD 2011 und 2012 in New York stattgefunden. Beim dritten Gipfel in Amsterdam, der am 13./ 14. März 2013 stattfand und von der niederländischen Regierung ausgerichtet wurde, stand das Thema ‚Beurteilung von Lehrkräften‘ im Mittelpunkt. Eingeladen waren die 25 bestplazierten Länder des OECD-PISA-Berichts 2009 sowie die fünf Länder mit den größten PISA-Leistungssteigerungen. Aus 18 OECD Ländern waren Delegationen nach Amsterdam angereist. Mehr als vierhundert Personen nahmen als Delegierte oder Beobachter an dem Bildungsgipfel teil. Die deutsche Delegation bestand aus dem KMK Generalsekretär Udo Michallik, der stellvertretenden VBE Vorsitzenden Gitta Franke-Zöllmer, der Lehrerin Susanne Hartmann vom Landesinstitut für Lehrerbildung Brandenburg und dem GEW Vorsitzenden Ulrich Thöne.

Mehrheit der Lehrkräfte sieht Feedback positiv
Die OECD hatte als Hintergrundmaterial eine Studie ‚Teachers for the 21st Centrury – Using Evaluation to improve teaching‘ veröffentlicht, die auf Basis der Ergebnisse ihrer letzten TALIS Untersuchung aus den Jahren 2007/2008 erstellt wurde. Darin wird festgestellt, dass in zahlreichen OECD Ländern eine Beurteilung von Lehrkräften stattfindet. Diese erfolgt durch unterschiedliche Instanzen, teils national, teils regional oder in der Schule selbst und ist mehr oder weniger stark formalisiert. Für die gute Qualität von Bildung in einem Land ist offensichtlich nicht Voraussetzung, dass formale Systeme der Lehrerbeurteilung existieren. Mindestens vier der 25 besten Länder im OECD PISA Vergleich (Dänemark, Finnland, Island und Norwegen) besitzen keine nationalen Systeme der Beurteilung von Lehrkräften. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass leistungsbezogene Bezahlung von Lehrkräften irgendeinen Einfluss auf die Qualität von Bildung hat. Die OECD hat herausgefunden, dass die Mehrheit der Lehrkräfte, die Feedback und Beurteilung im Beruf erfahren haben, dies positiv beurteilt. OECD PISA-Koordinator Andreas Schleicher berichtete, dass die Ergebnisse der Lehrerbeurteilungen in den OECD-Staaten unterschiedlich genutzt werden, und zwar sowohl zur pädagogischen und beruflichen Entwicklung der Lehrkräfte, wie auch als Kriterium für deren Bezahlung. „Was macht einen guten Lehrer aus. Wer beurteilt das?“ Wesentlich sei, so Schleicher, die Lehrkräfte mit einzubeziehen: “Reflexionen, Evaluierung der eigenen Lehrmethoden und kollegiale Beurteilung müssen normale Praxis im beruflichen Alltag von Lehrkräften werden. Lehrer sollten Beurteilungen als Chance zur professionellen Weiterentwicklung erkennen.“

„Wie können wir dir helfen?“
Die Bildungsinternationale hatte aus Anlass des Lehrergipfel eine Umfrage unter ihren Mitgliedsgewerkschaften in OECD Ländern durchgeführt und deren Ergebnisse in einer eigenen Studie ‚The use and misuse of teacher appraisal‘ veröffentlicht. Darin zeigen sich Lehrergewerkschaften besorgt über die angewandten Methoden zur Bewertung und Evaluierung und beklagen negative Auswirkungen auf die Lehrkräfte und deren Bezahlung. In Ländern wie den USA oder Großbritannien werden die Leistungen von Schülern in standardisierten Tests gemessen und zur Bewertung von Lehrkräften genutzt. Dies führt dazu, dass viele Lehrer ihren Unterricht vor allem darauf ausrichten, dass die Schüler die Tests gut bestehen. Für Laura Figazzolo, Autorin der BI Studie, ist klar: “ Damit die Beurteilung irgendwelche positive Auswirkungen hat, muss sie von LehrerInnen als Prozess gesehen werden, der sie in ihrem täglichen Arbeitsleben unterstützt.“ Das sieht Rebecca Mieliwocki ähnlich. Sie ist Mitglied der amerikanischen Lehrergewerkschaft National Education Association (NEA) und Lehrerin des Jahres in den USA. Rebecca hat klare Vorstellungen, wie eine gute Lehrerbeurteilung aussieht: „Wenn mein Schulleiter mich zu einem Beurteilungsgespräch einlädt, sind die Fragen, die mir am meisten helfen, ganz simpel: Wie geht es dir? Was brauchst du? Wie können wir dir helfen? – Das reicht, um mich in meiner Arbeit zu unterstützen und mir zu helfen, mich zu verbessern. Warum sollte es so etwas nicht auch für andere geben?“

Partnerschaftlicher Dialog
Wenn Lehrerbeurteilung von Nutzen sein und zur Verbesserung von Bildung beitragen soll, müssen die Lehrerinnen und Lehrer ihr vertrauen. Darauf wies der Generalsekretär der Bildungsinternationale, Fred van Leeuwen hin: „Richtlinien zur Beurteilung von Lehrkräften müssen fair und transparent sein. Sie sollten nicht einseitig verordnet, sondern im Dialog mit den Lehrerinnen und Lehrern und ihren Gewerkschaften entwickelt werden. Die Beurteilung von Lehrkräften kann nur mit den Betroffenen erfolgreich sein. Sie soll zur Unterstützung der Lehrkräfte dienen und nicht zu deren Bestrafung. Die Leistungen von Schülern dürften kein Maßstab für die Bewertung von Lehrkräften sein. Wir brauchen für die heutigen Lehrkräfte moderne Feedback Methoden des 21. Jahrhunderts.“ Das der Gipfel in Amsterdam in diesem Sinne ein Erfolg war, hob die Präsidentin der Bildungsinternationale, Susan Hopgood, in ihren Schlussbemerkungen hervor: „Wir haben in unserer Debatte über die Evaluation von Lehrkräften enorme Fortschritte gemacht. Feedback gehört zur beruflichen Tätigkeit. Sie ist Teil einer Kultur der Zusammenarbeit“. Hopgood fügte hinzu: „LehrerInnen haben keine Probleme mit Beurteilungen und Rechenschaftspflichten, aber sie sind besorgt über den möglichen Missbrauch. Deshalb sind diese Gipfeltreffen, ist dieser partnerschaftliche Dialog so wichtig: Um sicherzustellen, dass Bildungspolitik den Lehrinnen und Lehrern hilft, sich beruflich weiterzuentwickeln –zum Nutzen der Kinder und Jugendlichen.“