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22. Deutsch-polnische Pädagogenbegegnung am Gimsee

Wie gehen Frieden und Friedenserziehung in Europa? Damit haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Masurenakademie in Polen beschäftigt. Es gab auch Zeit für Privates.

Friedenserziehung und Frieden in Europa – das war das diesjährige Thema der Masuren-Akademie. Dazu trafen sich 42 deutsche und polnische Kolleginnen und Kollegen während der Sommerferien am Gimsee in dem kleinen Dorf Nowa Kaletka, ca. 40km südlich von Olsztyn, die sich während der zwei Wochen des Zusammenlebens unter anderem mit der Frage auseinander setzten, wie ein friedliches Europa erhalten bleiben kann.

Die Masuren-Akademie ist eine Bildungsveranstaltung der beiden Gewerkschaften „NSZZ Solidarność“ und der GEW , die in diesem Jahr zum 22. Mal durchgeführt wurde. Morgens wurde Deutsch oder Polnisch auf jeweils drei Niveaustufen gelernt, nachmittags gab es zahlreiche Workshops, die zum Teil von den Teilnehmenden selbst organisiert wurden und auch abends wartete ein umfangreiches Programm auf die KollegInnen.

Zum Thema Frieden in Europa hatte die GEW Luisa Möllmann eingeladen, die über ihren Freiwilligendienst bei der Aktions Sühnezeichen/Friedensdienste (asf) berichtete. Diese junge, erst 19-jährige Freiwillige beeindruckte durch ihren Vortrag über ihre Arbeit in Majdanek und in Lublin im Rahmen ihres freiwilligen Jahres in Polen. Sie ist eine junge Abiturientin, die bereits nach ein paar Wochen Aufenthalts in Majdanek Führungen für Besucher anbieten konnte und die neben ihrer Tätigkeit in der KZ-Gedenkstätte alte Menschen betreut, die Opfer des Nationalsozialismus in Lublin wurden. Den meisten Teilnehmenden – vor allem unter den Polinnen – war asf nicht bekannt und in Polen ist ein derartiger Freiwilligendienst auch nicht üblich. Vor allem die älteren KollegInnen waren sehr bewegt nach dem Vortrag und erkannten die Bedeutung derartiger Friedensinitiativen im Rahmen einer europäischen Integration.

Das offizielle Programm der Akademie umfasste auch einen Workshop zur Genderthematik in Polen und Deutschland, zur Inklusion an Schulen und einen Abend zum Stand der beruflichen Bildung in Polen. Hier wurde das duale System in Deutschland gelobt und die vorbildliche Berufsbildung z.B. durch VW in Poznan. Hier können Deutschland und Polen noch viel voneinander lernen.

Der Hauptsponsor dieser Lehrerbegegnung ist das Deutsch-Polnische Jugendwerk. Der Workshop über Methoden im Schüleraustausch und der anschließende sehr persönliche Vortrag von Herrn Paweł Moras, dem Direktor des deutsch-polnischen Jugendwerks in Warschau, hoben die Schüler- und auch der Erwachsenen-Begegnungen als wichtige Beiträge für die europäische Verständigung hervor. Und so verstehen die Teilnehmer die Akademie auch als Basisarbeit im Sinne des Friedens in Europa.

Neben Vorträgen und Workshops gab es auch andere Möglichkeiten des Miteinanders und des Austauschs: morgens um 7 konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter Anleitung der Kollegin Sylwia Kurpińska Gymnastik betreiben oder im See schwimmen. Vormittags hieß es: Sprachen lernen! Anschließend traf man auf eine polnische Tandempartnerin oder einen Tandempartner. Es galt gemeinsam Hausaufgaben zu machen oder über Gott und die Welt in der Fremdsprache zu reden–das ein ums andere mal auch mit Händen und Füßen. So lernten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer schnell kennen, denn die Tandempaare wechselten täglich.

Neben Lagerfeuern, Paddeln auf den See, Filmabend und Ausflügen gab es in diesem Jahr drei weitere Highlights:

Die Kolleginnen Kasia Kluczewska aus Wroclaw und Malgosia Wieland aus Szczecin gaben ein klassisches Konzert mit Klavier und Gesang und unsere Kollegen Klaus Baumgärtner und Manuel Honisch (Gitarre) führten anhand gesungener Beispiele in das französische Chanson ein, das der polnischen Lied-Tradition nicht unähnlich ist. Und dann war da noch das Sommerfest des Dorfes Nowa Kaletka! Die Akademie stellte ein deutsch-polnisches Laufteam, das an dem 4km-Lauf teilnahm und das Feld ordentlich aufmischte und die Teilnehmerzahl fast verdoppelte. Das Team wurde von den übrigen Teilnehmenden lauthals zweisprachig angefeuert und sorgte für gute Stimmung auf dem Volksfest. So geht Integration!

Das Wesentliche wird ja normalerweise nicht bei organisierten Tagungspunkten verhandelt, sondern an informellen Orten. So trafen sich einige gerne vor dem Gelände des Tagungshauses im von den Teilnehmenden so getauften „Kulturzentrum“ und diskutierte über Alltagsfragen, über deutsche und polnische Politik über Ängste und Sorgen vor allem der polnischen KollegInnen, auf die in diesem Schuljahr durch die Schließung einer Schulform und die Umgestaltung des gesamten Schulwesens unvorhersehbare Veränderungen zu kommen. Dabei stellten die deutschen Teilnehmenden fest, dass es innerhalb der Gruppe der Polen große politische Differenzen gab, die symptomatisch für die derzeitige Situation in der polnischen Gesellschaft sind.

Kaletka, das ist ein Ort der Begegnung, des Lernens, der Toleranz. Die Teilnehmenden haben zwei Wochen ihrer Sommerferien für eine Fortbildungsveranstaltung „geopfert“, aber sicher viel mehr mit nach hause genommen, als sie vorher geahnt hatten. Dank der beiden Gewerkschaft und des deutsch-polnischen Jugendwerks ist diese Akademie möglich und dank der kreativen und aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es hat sich eine Gruppe von GEW-Mitgliedern gefunden, die diese Tradition gerne fortsetzen möchten. Kaletka 2018 kann kommen!