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Institutsschließungen

Kahlschlag bei Goethe

Ende September 2023 gab der Vorstand des Goethe-Instituts bekannt, dass weltweit neun Institute geschlossen und rund 100 Stellen abgebaut würden. Betroffen sind Standorte in Frankreich, Italien, den Niederlanden, Japan, Brasilien und den USA.

Das Goethe-Institut soll die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland fördern und die kulturelle Zusammenarbeit pflegen. Was wohl der große deutsche Dichter der Namensgeber zu den Plänen gesagt hätte, Standorte zu schließen? Im Bild: Lichtinstallation an der Fassade des Gebäudes des Goethe-Instituts in Prag. (Foto: IMAGO/CTK Photo)

Das Durchschnittsalter an den meisten zu schließenden Instituten ist über 50“, erklärt Heiko Püchel, Vorsitzender des Euro-Betriebsrates (BR), der die Beschäftigten des Goethe-Instituts in 30 europäischen Ländern vertritt. „Die meisten dürften es äußerst schwer haben, sich im Gastland auf dem Arbeitsmarkt neu zu positionieren.“ Etwa zwei Drittel der Beschäftigten seien Frauen. Ob sich Sozialpläne aushandeln lassen, sei unklar. „Das entscheidet sich strikt nach dem Landesrecht des Gastlandes.“ In günstigen Fällen, so Püchel, gebe es eine Abfindung, deren Höhe sich nach der Beschäftigungsdauer richte. Womöglich könnten auch Schulungen oder Eingliederungshilfen angeboten werden.

Der Vorsitzende des Euro-BR übt heftige Kritik: „Es wäre besser gewesen, wenn der Vorstand vor dieser Entscheidung mit uns geredet hätte.“ Der Euro-BR habe gewusst, dass etwas komme und es Gewinner und Verlierer geben werde. „Wir haben schon vor Monaten auf verschiedenen Wegen gefragt, ob wir bestimmte Maßnahmen besprechen können.“ Dann hätte man „in bestimmten Instituten mit der Personalvertretung reden können, ob zum Beispiel Angebote zur Frühverrentung möglich sind“.

„Es herrscht eine Verunsicherung, wie es mit den Arbeitsplätzen weitergeht.“ (Heiko Püchel)

Nun werde sich der Euro-BR anhören, wie der Vorstand seinen Beschluss begründet. „Und dann die Entscheidung hinterfragen, bis hin zur Stellungnahme mit dem Versuch, die Maßnahme abzumildern.“ Die Stimmung im Goethe-Institut sei nicht gut. „Es herrscht eine Verunsicherung, wie es mit den Arbeitsplätzen weitergeht“, sagt Püchel. Es gebe zudem viel Enttäuschung, „weil die finanziellen Mittel vor Ort für Projekte und Kulturarbeit häufig sehr gering sind“.

Ortskräfte besser bezahlen

Auch Martina Schäfer, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der zwölf Goethe-Institute in Deutschland und der Münchner Zentrale, hat kein Verständnis für das Verhalten des Arbeitgebers. „Wenn rechtzeitig mit uns gesprochen worden wäre, hätten wir Lösungen gefunden“, so Schäfer, die auch als stellvertretende Sprecherin der „Arbeitsgruppe Goethe“ der GEW aktiv ist.

Die Schließung der neun Standorte ist Teil eines „Zukunftskonzeptes“, das der Vorstand des Goethe-Instituts gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt entwickelt hat. Zum einen gelte es, so der Vorstand, eine Sparvorgabe von 24 Millionen Euro pro Jahr einzuhalten. Zum anderen sollen Mittel frei werden, um die verbleibenden 149 Institute zu stärken. Schäfer sieht hier die Chance, GEW-Forderungen umzusetzen – vor allem mit Blick auf die Entlohnung der Beschäftigten des Goethe-Instituts, die zumeist Bürgerinnen und Bürger des Gastlandes sind. „Was jetzt eingespart wird, muss auch dafür eingesetzt werden, um die Ortskräfte ortsüblich und angemessen zu bezahlen“, fordert sie. „Aufgrund der Inflation verdienen sie in einigen Ländern absurd wenig.“ Die GEW begrüße, dass sich auch der Vorstand für diese Forderung einsetzt.

Zum „Zukunftskonzept“ gehört zudem, dass sich das Goethe-Institut weltweit künftig stärker um die Fachkräftegewinnung kümmern soll. „Das ist auf jeden Fall zu unterstützen“, urteilt Schäfer. Schon heute gebe es an vielen Standorten sogenannte Vorintegrationsprojekte: „Das bedeutet, dass Goethe-Institute im Ausland die Menschen, die in Deutschland leben und arbeiten möchten, sprachlich und kulturell vorbereiten.“ Außerdem sei bereits an sechs Standorten in Deutschland für zugewanderte Menschen ein sogenanntes Übergangsmanagement eingerichtet worden. „Da gibt es Beraterinnen und Berater für persönliche Fragen: Wie finde ich eine Wohnung, wie finde ich einen Sprachkurs, wie finde ich Anschluss an meinen Beruf?“ Dass das vom Goethe-Institut begleitet werde, „finden wir sehr gut“.

„Wir haben ein Extremismus-Problem in Europa. Wir haben autoritäre Bewegungen, autoritäre Regierungen in Europa. All das spricht gegen die Schließung europäischer Standorte.“ 

Der Vorstand plant zudem, das Engagement in Mittel- und Osteuropa, im Kaukasus, im Südpazifik und im Süden der USA zu verstärken. Dass dies zulasten west- und südeuropäischer Institute geschehen soll, stößt bei Püchel vom Euro-BR auf Unverständnis: „Wir haben ein Extremismus-Problem in Europa. Wir haben autoritäre Bewegungen, autoritäre Regierungen in Europa. All das spricht gegen die Schließung europäischer Standorte.“