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Institutsschließungen

Fatales Signal

Die geplante Schließung von Standorten des Goethe-Instituts in Frankreich hat rechts und links des Rheins harsche Kritik hervorgerufen.

Foto: GEW

Wie eng Deutschland und Frankreich verbunden sind, merkt man vielleicht am besten im Grenzgebiet. Zehntausende überqueren täglich den Rhein. Zum Einkaufen oder um zur Arbeit ins Nachbarland zu fahren. Kein Wunder also, dass es in Straßburg für dicke Schlagzeilen sorgte, als das deutsche Auswärtige Amt Ende September ankündigte, dass drei der neun Goethe-Institute in Frankreich geschlossen werden. „Empörungswelle nach der Schließung des Goethe-Instituts“, titelte die größte Tageszeitung, die Dernières nouvelles d`Alsace. Neben den Einrichtungen in Lille und Bordeaux wird auch das Verbindungsinstitut am Sitz des Europäischen Parlaments in Straßburg Ende Januar 2024 schließen. Der Hintergrund: Weltweit muss das Goethe-Institut rund 10 Prozent seines Jahresetats in Höhe von 239 Millionen Euro einsparen.

In Italien fallen Turin, Genua und Triest weg

Auch in Italien zeigen sich Intellektuelle und Kultur-schaffende brüskiert, dass im Lieblingsland des Namensgebers der Institute der Rotstift angesetzt wird. Mehrere Tausend Menschen haben bereits ein Manifest gegen die Schließungen unterschrieben, darunter der Anti--Mafia-Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano. Auch Andrea d`Onofrio, Geschichtsprofessor an der Universität Neapel, warnte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vor „nicht wieder gut zu machenden Schäden für das Kulturverständnis und die Deutsch-Sprachkenntnisse in Italien, die fundamental sind für den Kulturtransfer und die deutsch-italienische Verständigung“. Unterdessen wurden von der Institutsleitung in Italien bereits Fakten geschaffen: Im Goethe-Institut in Neapel haben zehn der elf Beschäftigten ihre Kündigung erhalten.

Neue Prioritäten von Osteuropa bis Fidschi

Trotz des nun geringeren Budgets will sich das Goethe-Institut künftig verstärkt in Osteuropa engagieren, auch auf den Fidschi-Inseln und in Texas sind neue Ableger geplant. Die Prioritäten führen also weg von den europäischen Kulturnationen – hin zu Regionen, in denen Deutschland vor allem ökonomische und geostrategische Interessen hat. Wirklich frei war die Institutsleitung offenbar nicht bei ihrer Prioritätensetzung: Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte 2022 14 Millionen Euro des Etats mit einer Sperre belegt und „Reformen“ angemahnt. Nun steht dieses Geld dem Institut wieder zur Verfügung.

Scharfe Kritik aus Frankreich

Von einer „Transformation“, die die eigene Handlungsfähigkeit sichere, sprach Carola Lentz, die Präsidentin des Goethe-Instituts. Und rief damit eine bissige Replik in „Le Monde“ hervor: Laut Lentz gehe es dem Institut darum, „die demokratischen Werte zu verfestigen und den entstehenden Nationalismus und Populismus zu bekämpfen“, schrieb das linksliberale Blatt. „Als ob diese Fragen in West- und Osteuropa schon ausgestanden wären!“

Überhaupt sorgte die Nachricht von den Schließungen im Nachbarland für scharfe Kritik. Aus dem Umfeld von Staatspräsident Emmanuel Macron heißt es, man habe seit längerem den Eindruck, dass die Ampel-Regierung sich zunehmend gen USA orientiere und weniger Wert auf die besonderen deutsch-französischen Beziehungen lege. Die Schließungen der drei französischen Standorte werden als weiterer Beleg dafür gesehen – auch von Le Monde: „Man tut so, als ob die deutsch-französische Aussöhnung abgeschlossen wäre.“

„Die gegenwärtige Regie im Auswärtigen Amt – wie überhaupt beinahe die gesamte deutsche Regierung – hat die deutsch-französischen Beziehungen in so vielem so heftig demoliert wie noch keine zuvor.“ (Jörg Bong)

Den Vorwurf der Geschichtsvergessenheit erhebt auch Jörg Bong, der unter dem Pseudonym Jean-Luc Bannalec mit Bretagne-Krimis zum Bestseller-Autor wurde: „Was Baerbock (Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Anm. d. Red.) mit Füßen tritt, ist nichts weniger als das europäische Erbe und insbesondere die deutsch-französische Freundschaft“, schreibt er in der Süddeutschen Zeitung. Das passe ins Bild. „Die gegenwärtige Regie im Auswärtigen Amt – wie überhaupt beinahe die gesamte deutsche Regierung – hat die deutsch-französischen Beziehungen in so vielem so heftig demoliert wie noch keine zuvor.“ Und das alles wegen Einsparungen in Höhe von 24 Millionen Euro. Zum Vergleich: Ein „Leopard“-Kampfpanzer, die Bundeswehr hat gerade 18 bestellt, kostet 29,2 Millionen Euro.